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19. Schindler Tour de Neuss Dieses Rennen ist noch nicht zu Ende

Neuss · Weil es immer weniger Rennen gibt, machen sich die Profi-Fahrer Sorgen um die Zukunft des Radsports in Deutschland. „Wir sind dankbar für jeden, der sich engagiert,“ sagt der Deutsche Meister Nils Politt bei der Siegerehrung der 19. Schindler Tour de Neuss.

Das Podium der 19. Tour de Neuss: (v.l.) NRV-Geschäftsführer Thomas Küsters, 2. Geschäftsführer Heinz-Josef Hegger, Jonas Rutsch (2.), Nils Politt (1.), Nikias Arndt (3.), Vorsitzender Stephan Hilgers, Ralf Heinze, Regionalleiter Schindler Aufzüge und Fahrtreppen GmbH, und Moderator Volker Koch.

Das Podium der 19. Tour de Neuss: (v.l.) NRV-Geschäftsführer Thomas Küsters, 2. Geschäftsführer Heinz-Josef Hegger, Jonas Rutsch (2.), Nils Politt (1.), Nikias Arndt (3.), Vorsitzender Stephan Hilgers, Ralf Heinze, Regionalleiter Schindler Aufzüge und Fahrtreppen GmbH, und Moderator Volker Koch.

Foto: Andreas Woitschützke

Nils Politt brachte es auf den Punkt: „Wir Fahrer sind dankbar für jedes Rennen,“ sagte der Mann auf dem mittleren Podiumsplatz bei der Siegerehrung und schloss dabei die von ihm in der letzten Runde abgehängten Jonas Rutsch und Nikias Arndt mit ein, „deshalb bedanken wir uns bei jedem, der sich für solche Rennen engagiert – egal ob als Sponsor oder als Helfer.“ Der Deutsche Straßenmeister, gerade mit Platz 54 im Gepäck von der Tour de France zurückgekehrt, belässt es nicht bei guten Worten: Er unterstützt seinen Stammverein RV Komet Delia Köln, der mit der „Schmitter Nacht von Hürth“ am heutigen Freitag die einst so lebendige, inzwischen aber fast ausgestorbene Kultur der „Nach-Tour-Kriterien“ wieder aufleben lassen möchte.

Mit Markus Fothen hat sich Politt bereits ausgetauscht. „Vielleicht können wir ja im nächsten Jahr kooperieren,“ sagt der Sportliche Leiter der Tour de Neuss mit Blick auf 2023, wenn die um zwei Jahre verschobene „Jubiläumsausgabe“ der 20. Tour nach der Tour auf dem Programm steht – wieder drei Tage nach der „großen Tour“, die am 1. Juli im baskischen Bilbao beginnt und am 23. Juli in Paris endet.

Ganz nah dran an den Helden der Tour de France: Auch der Deutsche Straßenmeister Nils Politt kannte beim Rennen in Neuss keine Berührungsängste.  

Ganz nah dran an den Helden der Tour de France: Auch der Deutsche Straßenmeister Nils Politt kannte beim Rennen in Neuss keine Berührungsängste.  

Foto: Andreas Woitschützke

Die Zusagen der drei Erstplatzierten hat er quasi schon in der Tasche. Denn auch Jonas Rutsch zeigte sich angetan von seinem Debüt. „Eine fantastische Stimmung, da komme ich nächstes Jahr gerne wieder,“ sagte der Mann, der drei Tage zuvor auf den Champs Elysees nachhaltig auf sich aufmerksam gemacht hatte: Erst mit seinem Fluchtversuch, der ihm und der fünfköpfigen Ausreißergruppe zeitweise 23 Sekunden Vorsprung bescherte, ehe sie das Feld in der vorletzten Runde stellte, dann mit einem Heiratsantrag an seine Freundin. Und für Nikias Arndt, der nach drei zweiten Plätzen den Sieg in Neuss erneut knapp verpasste, stand schon unmittelbar nach dem Rennen fest: „Da muss ich wohl noch mal wiederkommen – aber das mache ich sehr gerne.“

Ohne die vielen fleißigen Helfer geht auch bei der Tour de Neuss gar nichts. 

Ohne die vielen fleißigen Helfer geht auch bei der Tour de Neuss gar nichts. 

Foto: Andreas Woitschützke

Die lobenden Worte aus dem Fahrerfeld sind für den Neusser Radfahrerverein gleichzeitig ein Auftrag. Und der lautet: trotz aller externen und internen Probleme weitermachen. „Das tun wir gerne, schließlich wollen wir nächstes Jahr das Jubiläum groß feiern,“ verspricht Stephan Hilgers. Doch dem Vorsitzenden des NRV ist bewusst, dass es rund um das Rennen viel Optimierungsbedarf gibt. Denn nach zwei Jahren Pandemie-bedingter Zwangspause war vieles mit der heißen Nadel gestrickt, hakte und knirschte es an manchen Ecken – vielleicht auch, weil die wenigsten mit einer solchen Zuschauerresonanz gerechnet hatten. „Überwältigend“, stellte der NRV-Chef mit Blick auf die Kulisse an Start und Ziel fest, „dass so viele kommen, hatte ich nicht erwartet.“

Ob der gerade mal 50 Mitglieder starke Verein diesen „Auftrag“ weiter im Alleingang stemmen kann, ist eine Frage, die sich auch Hilgers stellt. „Wir müssen uns breiter aufstellen,“ hat der Vorsitzende erkannt. Das gilt vor allem für die Vermarktung des Events. „Dieses Rennen hat sein Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft,“ sagt Christian Stoll, der seit mehr als drei Jahrzehnten deutschlandweit Radrennen organisiert und moderiert, „so einen Zuschauerzuspruch und so eine Stimmung wie in Neuss gibt es nur selten – wenn überhaupt.“  Der 62-Jährige, der auch Stadionsprecher bei Werder Bremen ist und für den DFB bis 2016 zehn Jahre lang Länder- und Pokalendspiele kommentierte, ist überzeugt: „Wenn man das Ding richtig anpackt, könnte man sogar einen Tour-de-France-Sieger nach Neuss holen.“

Freilich sagt auch er: „Wir sind ja alle dankbar, dass es dieses Rennen im Gegensatz zu so vielen anderen überhaupt noch gibt.“ Die nächste Hiobsbotschaft für den Radsport hatte er gerade vier Tage zuvor erhalten: Die traditionsreiche „Sixdays Night“ auf der offenen Radrennbahn im badischen Oberhausen stellt ihren Betrieb ein. „Einfach, weil es keine Helfer mehr gibt,“ hat ihm Organisator Erik Weispfennig, einst ein Bahnfahrer von nationaler Spitzenklasse, dessen Name auch in der Siegerliste des „Spurt in den Mai“ in Büttgen steht, erklärt.

„Wenn die Rennen sterben, stirbt irgendwann der Radsport,“ sagt der zweifache Weltmeister und Olympiazweite Roger Kluge, der wie kein Zweiter in Deutschland Bahn- und Straßenrennen miteinander verbindet, „deshalb ist die Tour de Neuss für uns alle so wichtig.“ Wenn das alle so sähen, wäre mit Blick auf die Jubiläumsausgabe am 26. Juli 2023 schon einiges gewonnen.

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