Neuss/Bonn NGZ-Seite im Haus der Geschichte

Neuss/Bonn · Die Fusion von West- und Ost-CDU bereitete Willy Wimmer 1990 in Gesprächen mit Lothar de Maizière in Neuss vor. Gestern übergab der damalige Staatssekretär Unterlagen im Haus der Geschichte. Darunter auch NGZ-Berichte.

 Durchbruch, v. r.: Lothar de Maizière, Willy Wimmer und dessen Büroleiter Walter Breul bei ihrer Pressekonferenz am 27. Januar 1990 im Swissôtel.

Durchbruch, v. r.: Lothar de Maizière, Willy Wimmer und dessen Büroleiter Walter Breul bei ihrer Pressekonferenz am 27. Januar 1990 im Swissôtel.

Foto: NGZ-Archiv

Viele Christdemokraten aus dem Westen gingen auf Distanz. Sie wollten mit den "Blockflöten" der Schwesterpartei aus dem Osten möglichst wenig zu tun haben. So war es keine Selbstverständlichkeit, dass West- und Ost-CDU nur wenige Monate nach dem Mauerfall fusionierten.

 Alfons Kranz (l.) und Willy Wimmer (r.) übergeben Unterlagen und die Kopie einer NGZ-Seite an Hans Walter Hütter (2. v. l.) und Dietmar Preißler.

Alfons Kranz (l.) und Willy Wimmer (r.) übergeben Unterlagen und die Kopie einer NGZ-Seite an Hans Walter Hütter (2. v. l.) und Dietmar Preißler.

Foto: L. Baten

Daran erinnerte Willy Wimmer, ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter aus Jüchen, der gestern Unterlagen im Bonner Haus der Geschichte übergab. Darunter auch die Kopie einer NGZ-Seite vom 29. Januar 1990. Deren Beiträge dokumentieren ein Gespräch, dass Willy Wimmer, damals Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, zwei Tage zuvor mit dem Vorsitzenden der CDU der DDR, Lothar de Maizière, geführt hatte.

Als Zeitzeuge nahm auch Alfons Kranz an der Übergabe in Bonn teil. Da der damalige NGZ-Verlagsleiter das Treffen zwischen Wimmer und de Maizière vermittelt hatte, wurden die Verhandlungen kurzerhand im NGZ-Pressehaus an der Moselstraße geführt. Wimmer: "Ich hatte die Rückendeckung des Parteivorsitzenden Helmut Kohl. Er hatte mich aber nicht geschickt." Die Begegnung sei ausschließlich auf Initiative von Alfons Kranz ausgegangen, der wenige Tage zuvor Lothar de Maizière bei einem Besuch in Ostberlin kennengelernt hatte.

Hans Walter Hütter, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, nahm die Unterlagen dankend an. Die Sammlung belege, dass auf dem Weg zur Deutschen Einheit Politik nicht nur in Berlin gemacht wurde, "sondern auch in der rheinischen Provinz". Der Sammlungsdirektor im Haus der Geschichte, Dietmar Preißler, würdigte das Material als einen Beitrag, "den Prozess einer Parteifusion auch darstellen zu können". Jetzt werden die Unterlagen zunächst gesichtet, gewichtet und gelistet.

Welche Bedeutung den Neusser Ereignissen im Einigungsprozess zukommt, müssen einmal die Historiker einordnen. Mit den gestern von Willy Wimmer und Alfons Kranz übergebenen Unterlagen stehen jetzt zumindest im Haus der Geschichte als qualifizierten Ort wichtige Belege und Quellen zur Verfügung. Fakt bleibt, dass Lothar de Maizière und Willy Wimmer an jenem letzten Januar-Samstag 1990 im NGZ-Pressehaus die Sprachlosigkeit überwanden.

Gemeinsam überraschten sie abends im Swissôtel die Öffentlichkeit: de Maizère forderte den Demokratischer Aufbruch und Deutsche Soziale Union auf, gemeinsam mit der Ost-CDU die "Allianz für Deutschland" zu bilden — die Allianz gewann am 18. März 1990 die Volkskammer-Wahlen. Auf ihrem Weg vom Fall der Mauer (9. November 1989) zur Deutschen Einheit (3. Oktober 1990) machte die Geschichte in Neuss Station.

(NGZ/rl)
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