Shakespeare-Festival in Neuss Theaterspiel wie zu Zeiten von William Shakespeare

Neuss · Mit drei Vorstellungen war die Truppe „Globe on Tour“ beim Shakespeare-Festival zu Gast. Und sie hatte drei Stücke im Gepäck, von denen sich das Publikum eins wünschen konnte.

 Drei Vorstellungen gab Globe on Tour beim Festival: „The Taming of the Shrew“ am ersten Abend.

Drei Vorstellungen gab Globe on Tour beim Festival: „The Taming of the Shrew“ am ersten Abend.

Foto: Christoph Krey

Die Schüler aus Niedersachsen sind laut. So laut, dass sie mit ihrem Beifall und Gejohle alle anderen überstimmen. Und so kommt auf die Bühne, was sie wollen: „The Merchant of Venice“, der Kaufmann von Venedig, der damit auch die Konkurrenz — die widerspenstige Katharina und das Liebespaar Viola und Orsino („Was ihr wollt“) — aus dem Feld schlägt. Und das an einem Tag gleich zwei Mal.

 „The Merchant of Venice“ (Kaufmann von Venedig) wurde dagegen zwei Mal gezeigt.

„The Merchant of Venice“ (Kaufmann von Venedig) wurde dagegen zwei Mal gezeigt.

Foto: Angela van den Hoogen

Die Nachmittagsaufführung von „Globe on Tour“ beim Shakespeare-Festival mag nachvollziehbar sein — vor allem mit dem Wissen, dass der „Kaufmann“ in Niedersachsen Abi-Thema, ist. Aber auch abends entscheidet sich eine knappe Mehrheit für ihn. Und warum? Weil ein Battle so viel Spaß macht. Vermutlich. Denn wann wird das Publikum schon mal gefragt, welches Stück es sehen möchte, kann immerhin eines von dreien wählen und muss dafür nur so viel Krach wie möglich machen! Das Globe erbebt förmlich unter dem Getrampel, nur mit einem minimalen, vorsichtshalber auch gemessenen Ausschlag nach oben gewinnen die Befürworter des „Kaufmann“.

Ob die Schauspieler damit glücklich sind, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall ist ihr „aufregendes Experiment“, wie sie selbst sagten, gelungen. Selbst wenn die Texte für die Komödie „Was ihr wollt“ nicht abgerufen werden müssen, denn am Tag zuvor hatte „The Taming of the Shrew“ (Der Widerspenstigen Zähmung) das Rennen gemacht.

Dass die fahrenden Schauspieler des Londoner Globe eher Shakespeare-Bewahrer sind, kann kaum verwundern. Und so wird auch bei dem Drama um den Juden Shylock und dem Christen Antonio nichts hinterfragt, die Sympathien bleiben, wie sie schon der Autor verteilt hat, der Konflikt wird transportiert wie schon zu Shakespeares Zeiten — als diffuse antisemitische Haltung der Gesellschaft, die am Ende triumphiert.

Aber Regisseur Brendan O’Hea hat mit der Besetzung einen klugen Griff getan. Shylock wird von einer Frau gespielt. Sarah Finigan, mit breitkrempigen Hut und ornamentbesetztem Poncho, gibt ihrer Figur in Ton wie Haltung die richtige Mischung: Wut und Verzweiflung über die gesellschaftliche Ächtung, Sehnsucht nach Anerkennung, tiefe Befriedigung der Rache. Etwas seltsam mutet dagegen die Paarung mit Luke Brady als Bassanio und Jacqueline Phillips als Portia an. Nicht wegen des erkennbaren Altersunterschieds, sondern weil da von Verliebtheit nichts zu spüren ist, nicht mal ein leises Prickeln.

Aber sie, ebenso wie alle ihr weiteren Kollegen auf der Bühne, machen es allen Nicht-Muttersprachlern unter den Zuschauern leicht, dem Geschehen auch auf Englisch zu folgen. Denn Diktion und Wiedergabe sind bei „Globe on Tour“ einfach exzellent.

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