Neuss Erstmals "Schwarz-Grün" im Rathaus

Neuss · Am Freitag konstituiert sich der Stadtrat mit einer neuen Gestaltungsmehrheit. Basis der Zusammenarbeit von CDU und Grünen ist der am Donnerstag unterzeichnete Koalitionsvertrag. Er ist auch eine Einladung zur Mitarbeit an andere Kräfte.

 Helga Koenemann und Jörg Geerlings (beide CDU) einerseits sowie Susanne Benary-Höck und Michael Klinkicht (v.l.) andererseits besiegelten gestern mit ihren Unterschriften die erste schwarz-grüne Ratskoalition in Neuss.

Helga Koenemann und Jörg Geerlings (beide CDU) einerseits sowie Susanne Benary-Höck und Michael Klinkicht (v.l.) andererseits besiegelten gestern mit ihren Unterschriften die erste schwarz-grüne Ratskoalition in Neuss.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Die an Erinnerungstafeln nicht arme Stadt Neuss könnte um eine Tafel reicher werden. Anzubringen wäre die am Lokal Drusus 1" an der Drususallee, wo am Donnerstagabend der Koalitionsvertrag unterzeichnet wurde, der die erste schwarz-grüne Ratsmehrheit in der Stadt besiegelt. Diese gänzlich neue politische Konstellation hat nur mit der Stimme des Bürgermeisters eine Mehrheit, so dass der CDU-Parteivorsitzende Jörg Geerlings - die Tinte war noch nicht getrocknet - schon von einer "Koalition der Einladung" sprach. Und die richtet sich an alle politischen Kräfte im Rat.

Unterzeichnet wurde der Vertrag an dem Ort, wo am Wahlabend vor sechs Wochen die CDU wenig Anlass zum Feiern hatte. Sie konnte zwar 27 von 29 Direktmandaten erringen, doch für eine Fortsetzung der Koalition mit der FDP, die auf sechs Mandate abrutschte, reichte es nicht mehr. Dieses Wahlergebnis ist für die CDU-Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann als Ausdruck des Wählerwillens bindend. Aus ihm leitet sie den Auftrag zu Verhandlungen mit den Grünen und nicht mit der FDP ab - auch wenn die durch Aufnahme eines "Überläufers" von der AfD nun ebenfalls sieben Stadtverordnete zählt.

Auch die Grünen jubelten am Wahlabend nicht, erinnerte der Fraktionsvorsitzende Michael Klinkicht, denn die angestrebte Mehrheit jenseits der CDU wurde verfehlt. Demzufolge wurde gestern bestenfalls eine "Vernunftehe" geschlossen und im "Ehevertrag" neben Inhalten auch Spielregeln festgehalten: 1.) Anträge werden nach Möglichkeit zusammen aber nie ohne vorherige Absprache gestellt. 2.) Es wird nie gegen einen Antrag gestimmt, den der Partner einbringt. 3.) Bei Uneinigkeiten oder Krach werden Partei- und Fraktionsvorsitzende beider Seiten als "Clearingstelle" tätig. Dieses Kleeblatt hat sich in den Koalitionsverhandlungen als Lenkungsgruppe oberhalb der Arbeitskreis bewährt.

Die Verhandlungen verliefen nicht ganz ohne Störfeuer von außen - auch und gerade der politischen Kräfte, die sich nun nicht mehr (oder noch nicht) als Teil einer gestaltenden Mehrheit sehen. Auch vor diesem Hintergrund betont Koenemann: "Wir werden uns nicht von außen unter Druck setzen lassen." Ruhe und sorgfältiges Arbeiten soll die Ratsperiode bis 2020 prägen. Basis dazu ist ein 22-seitiger Koalitionsvertrag, der erkennen lässt: Beide Seiten wollten nicht ins "Ungefähre" abrutschen. Zudem sollen detaillierte Aussagen auch der Opposition klar vermitteln, wohin die Reise geht.

Haushaltsdisziplin ist oberste Richtschnur der Koalition, die mit Sanierung der Schultoiletten, Einrichtung einer Verbraucherzentrale und Sanierung des Norfer Rathauses gleichwohl erste Pflöcke für 2015 einschlägt. Auch die Wiederbesetzung der Beigeordnetenstelle für das Umweltressort ist beschlossene Sache. Für die Grünen-Parteivorsitzende Susanne Benary-Höck ein "ganz zentraler Punkt".

Heute konstituiert sich der Rat, dem erstmals 68 Stadtverordnete angehören. Der Ratssaal ist hergerichtet, doch die Koalitionsvereinbarung hat zumindest die Verwaltung noch nicht beeindruckt: Zwischen CDU und Grünen - soll nach wie vor die SPD sitzen. Ein Zeichen?

(NGZ)
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