Nettetal Eine Woche zum Schießen in Shanghai

Nettetal · Die 14-jährige Marjolaine Pot d'Or gehört zu den besten Luftgewehr-Schützinnen im Rheinland und durfte jetzt eine Woche in China trainieren. Die Schieß-Leidenschaft hat sie von den Eltern ererbt.

So weit war Marjolaine Pot d'Or noch nie von Zuhause weg: In den Herbstferien trainierte sie Luftgewehr- und Kleinkaliber-Schießen in der 9000 Kilometer entfernten chinesischen Metropole Shanghai – in einem Schießsportinternat. Möglich machte dies ein Sport- und Kulturaustauschprogramm des Landessportbundes mit der Sportföderation von Shanghai. Zehn Sportler und zwei Trainer waren dort, im Frühjahr folgt der Gegenbesuch.

Auch wenn Marjolaine am abschließenden Wettkampf nicht teilnehmen konnte, weil eine Hand schmerzte, fand sie den Aufenthalt in China "einfach toll". Jeden Tag trainierte sie sechs Stunden lang mit chinesischen Schützen. Doch sah sie auch einiges: Akrobatikzirkus, Altstadt, Shoppen auf Märkten, Besuch einer Karaokebar und Abendessen im 267 m hohen Drehrestaurant des Fernsehturms Oriental Pearl Tower. Anschließend gab es von der 342 m hoch gelegenen Aussichtsplattform einen überwältigenden Blick auf Shanghai.

Marjolaine hat in diesem Jahr in der Schülerklasse den rheinischen Masterscup im Luftgewehr mit 194 von 200 möglichen Treffern gewonnen. Sie sicherte sich auch die Jugendverbandsrunde 2013 mit 196 von 200 Treffern. Mit diesen außerordentlichen Leistungen gehört sie der Spitzengruppe (Kader) an, die auch bei Bundestrainer Achim Veelmann trainiert. Dazu fährt Mutter Sabine sie montags nach Bünen bei Wesel. Dienstags geht es nach Hinsbeck-Glabbach ("Niersland"), mittwochs und freitags zum SC Tell nach Kempen-Schmalbroich. An Wochenenden finden Wettkämpfe statt, bei denen sie mit Vater Frank Pot d'Or für die Breyeller Bruderschaft um Punkte kämpft. Hinzu kommen Meisterschaften auf Landes- oder Bundesebene. "Wir sind also ziemlich viel unterwegs", schildert Sabine Pot d'Or.

Das Trainings- und Wettkampfprogramm schafft Marjolaine nur, "weil ich alles andere aufgegeben habe". Die Schule darf nicht vernachlässigt werden. Sie besucht die neunte Klasse des Werner-Jaeger-Gymnasiums, "und die Noten sind in Ordnung", sagt die Mutter. Bis jetzt hat es immer geklappt, wenn Marjolaine wegen eines Meisterschaftskampfes mal einen oder zwei Tage beurlaubt werden musste. Die Mutter hat viel Verständnis. Sie war bis zur Schwangerschaft selbst Sportschützin. Vater Frank kommt damit zurecht, dass Marjolaine besser schießt als er. Dem Modellbau-Unternehmer fehlt die Zeit zum Trainieren.

Da Marjolaine mit 14 Jahren nun mit dem Kleinkalibergewehr schießen darf, ist für das zierliche Mädchen verstärkt Krafttraining angesagt. Das Sportgerät wiegt bis zu 7,5 Kilogramm, während das Luftgewehr "nur" 5,4 Kilogramm schwer ist. "Kondition und Konzentration" seien wichtig, sagt der Vater, der seiner Tochter den Weg nach Olympia ebnen will. Er weiß aber auch weiß, dass dafür erst 2024 in Betracht kommt, weil man in Deutschland junge Schütz(inn)en nicht dem enormen Druck aussetzen will.

Derweil hält Marjolaine den Kontakt mit einer chinesischen Schützenkameradin übers Internet in englischer Sprache aufrecht. Sie schätzt nach viel Reis und Nudeln wieder europäisches Essen. Aber doch: Zwei Tage nach der Rückkehr fragte sie, "wann gibt es mal wieder Reis?" Der kann eine gute Grundlage für ein ruhiges Auge beim nächsten europäischen Jugendvergleichsschießen in Frankreich sein.

(mme)
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