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Nachruf auf Moerser Altbürgermeister Abschied von einem Herzensmoerser

Moers · Er war der letzte ehrenamtliche Bürgermeister, stand ab 1978 fast 22 Jahre lang an der Spitze der Stadt. Jetzt ist Wilhelm Brunswick im Alter von 83 Jahren gestorben.

Ein Mann mit klarer Meinung, geradlinig im Handeln, entschlossen in den Entscheidungen: So beschreiben Weggefährten Altbürgermeister Wilhelm Brunswick.

Ein Mann mit klarer Meinung, geradlinig im Handeln, entschlossen in den Entscheidungen: So beschreiben Weggefährten Altbürgermeister Wilhelm Brunswick.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Wilhelm Brunswick war einer, dem die Stadt am Herzen lag. Jetzt ist der Moerser Ehrenbürgermeister überraschend im Alter von 83 Jahren gestorben – und die Grafenstadt trauert.

Nach Willi Müller und Albin Neuse war Brunswick von 1978 bis 1999 der dritte gewählte und letzte ehrenamtliche Bürgermeister in Moers. Als er 2015 im Martinstift mit der Ehrenbürgermeister-Würde ausgezeichnet wurde, war das die Anerkennung für jahrzehntelange ehrenamtliche Tätigkeit.

 Wilhelm Brunswick war auch ein Unterstützer der Moerser Kultur. Das Foto aus dem Jahr 1999 zeigt ihn (1.v.r.) mit dem damaligen Festival-Plakat.

Wilhelm Brunswick war auch ein Unterstützer der Moerser Kultur. Das Foto aus dem Jahr 1999 zeigt ihn (1.v.r.) mit dem damaligen Festival-Plakat.

Foto: RW

Für die Feier hatte sich der Geehrte eine kleine Combo gewünscht, die die Veranstaltung mit Swing untermalt. Das war seine Musik. Ein Titel stehe sinnbildlich für sein Engagement, erzählte Brunswick damals im Gespräch mit der Redaktion: ‚Night and Day‘ von Cole Porter. Als ehrenamtlicher Bürgermeister war er Tag und Nacht erreichbar. Er bekam nachts Anrufe, dass irgendwo ein Kanal vollgelaufen oder ein dringend benötigter Pass abgelaufen war. Und er hat immer zu helfen versucht.

Das Ehepaar Brunswick mit Gudrun und Jürgen Schmude.

Das Ehepaar Brunswick mit Gudrun und Jürgen Schmude.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Es gab viele Ereignisse, die Brunswick wichtig waren. Von der Schließung der Moerser Schachtanlagen und dem Ende von Krupp in Rheinhausen waren auch viele Moerser betroffen. Unter seinem Vorsitz wurde damals die Jugendberufshilfe gegründet und in Kooperation mit der IHK und örtlichen Betrieben 500 Jugendliche in eine Ausbildung gebracht, die sonst keine Chance gehabt hätten. Darauf war er stolz.

2015 verlieh Bürgermeister Christoph Fleischhauer (r.) Wilhelm Brunswick – hier mit seiner Frau Christel Brunswick – die Ehrenbürgermeister-Würde.  Foto: kdi

2015 verlieh Bürgermeister Christoph Fleischhauer (r.) Wilhelm Brunswick – hier mit seiner Frau Christel Brunswick – die Ehrenbürgermeister-Würde. Foto: kdi

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

38 Jahre lang setzte sich Brunswick auch in der Bethanien-Stiftung ein, zuletzt als stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrats. Ein Mann mit klarer Meinung, geradlinig im Handeln, entschlossen in den Entscheidungen: So beschreiben ihn Weggefährten.

Fidelio Senatorenball: Wilhelm Brunswick, Christian Behrens.

Fidelio Senatorenball: Wilhelm Brunswick, Christian Behrens.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Ehrenamtlich tätig war er dabei schon in jungen Jahren: im CVJM, als Klassensprecher. Später begründete er die Schwimmabteilung im SV Neukirchen mit. 1965 erlebte er dann Adenauer auf einer Wahlkampfveranstaltung in Moers. Dort, so erzählte es Brunswick später, war auch eine Gruppe „junger Aufmüpfiger“, die mit Sprechchören ihren Unmut kundtaten. Adenauer habe die Jungs so zusammengefaltet, dass er schnurstracks ins SPD-Büro ging und fragte: Wie kann man Mitglied der SPD werden? So kam er zur Politik.

Bald darauf holte ihn Bundesminister a.D. Jürgen Schmude zu den Jungsozialisten, ein Jahr später war er deren Vorsitzender. 1969 zog Wilhelm Brunswick dann in den Rat ein. „Ich habe die politische Arbeit nie als Karriere-Trittbrett gesehen“, betonte er im Rückblick. „Ich wollte immer nur Bürgermeister in Moers sein.“

Das tiefgehendste Erlebnis seiner Amtszeit war für ihn aber die Begegnung mit den Moersern jüdischen Glaubens, die den Zweiten Weltkrieg überlebt hatten. Zu Brunswicks 20-jährigem Dienstjubiläum reiste eine Delegation aus Ramla an. Sie ernannte ihn zum Ehrenbürger der Stadt. Er war der zweite Bürgermeister überhaupt, dem eine solche Ehre zuteil wurde.

Auch die Kultur lag dem Moerser am Herzen. „Ich bin nicht der Kulturbeflissenste. Ich habe aber gesehen, wie wichtig dieser Teil im Leben ist“, sagte Brunswick 2015 im Interview. Als Holk Freytag mit der Idee kam, im Schlosskeller ein Theater einzurichten, habe er sich überzeugen lassen, beim Aufbau zu helfen. „Ich habe Dr. Boschheidgen, den damaligen Vorsitzenden des Museumsvereins, zur Seite genommen und ihn gefragt, ob er dem Juwel Schloss nicht ein weiteres Juwel hinzufügen wolle“.

„Ich verneige mich vor Willi Brunswick, einem Kommunalpolitiker, klassischer sozialdemokratischer Schule, der seine geliebte Stadt Moers wie wenige geprägt hat und bin erschüttert über seinen plötzlichen Tod. Willi hat mein Wirken mit vielen weisen Ratschlägen begleitet und gefördert (…)“, schreibt der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Siegmund Ehrmann auf Facebook.

Kleinkünstler, Autor und Fotograf Christian Behrens hat seinem Freund zum Abschied ein Gedicht gewidmet, in dem es in der dritten Strophe heißt: „Du warst wer, dessen Wort und Meinung zählt, der sich, wenn‘s sein muss, für das Gute quält, den man zum Ehrenbürgermeister wählt, und der uns nun ab heut für immer fehlt ...“

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