Mönchengladbach Theater als Psycho-Labor

Mönchengladbach · Das Thema des Schauspiels "experiment. prisoner 819 did a bad thing" von Hermann Schmidt-Rahmer ist bekannt dank Oliver Hirschbiegels Film mit Moritz Bleibtreu. Christoph Roos setzt mit sieben Schauspielern im TiN ein gespenstisches Experiment in Szene. Am 30. September ist Premiere.

Im April war das Stück "experiment" am Krefelder Theater herausgekommen. Da vier der sieben Schauspieler inzwischen nicht mehr im Ensemble sind, bedarf es nun ausgiebiger Umbesetzungsproben. "Dafür komme ich aber gern nach Mönchengladbach, denn die Arbeit mit den neuen Schauspielern ist sehr spannend", erklärte gestern der Regisseur Christoph Roos. Er muss somit Cornelius Gebert, Felix Banholzer, Bruno Winzen und Daniel Minetti in ihre Rollen einweisen. "Dadurch hat sich das Spiel insgesamt verändert", sagt Roos und verheißt: "Es wird also eine echte Premiere geben."

Simuliertes Gefängnis

"Experiment" beruht auf dem so genannten Stanford-Experiment 1971. In der kalifornischen Spitzen-Uni steckte der Psychologe Philip Zimbardo 1971 eine Gruppe angeworbener Durchschnittsbürger in ein simuliertes Gefängnis. Eine Gruppe spielte darin die Gefangenen, die andere die Wärter. "Nach sechs Tagen musste das Experiment abgebrochen werden, weil die Situation in Gewalt und Erniedrigung eskalierte", berichtet Dramaturg Martin Vöhringer. Zehn Jahre früher hatte bereits Stanley Milgram ein ähnliches Experiment über unreflektierte Bereitschaft zum Gehorsam durchgeführt.

Auch in Hermann Schmidt-Rahmers Stück werden Probanden in besagte zwei Gruppen eingeteilt. Besonderheit: In der Halbzeit der Aufführung tauschen die Schauspieler die Rollen, aus Wärtern werden Gefangene und umgekehrt. "Die Hypothese von Zimbardo zielte auf den Jahrhundertschock des Holocaust", sagt Vöhringer. Aus einem Spiel können menschenverachtendes Verhalten und Brutalität erwachsen. "Damit lässt sich vielleicht auch die Entwicklung im Gefängnis Abu Ghraib erklären", meint Roos. In "experiment" spielen ausschließlich Männer.

Das Bühnenbild von Thomas Rump besteht aus Tischen. Nicht allein die Spielfläche ist aus aufgestellten Tischen zusammengesetzt, auf denen die Akteure sich bewegen. Auch der Prospekt besteht aus gestapelten Tischplatten, die ein kästchenförmiges Wandmosaik bilden, auf dem im Verlauf des gut zweistündigen Abends öfter Video-Projektionen zu sehen sind.

Der Hamburger Musiker und Komponist Markus Maria Jansen (53), der lange Zeit in Krefeld lebte und durch die Bands M. Walking on the Water und Jansen bekannt wurde, hat die atmosphärische Musik zu "experiment" geschrieben.

Die Premiere ist am Donnerstag, 30. September, 20 Uhr, im TiN, Großer Saal.

(RP)
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