Mönchengladbach Schule: Abmeldeflut in Religion?
Mönchengladbach · Der Türkische Elternverein lässt 5000 Formulare zur Abmeldung vom Religionsunterricht drucken. Er zieht Konsequenzen aus dem Schulverweis für die Muslima Zeynep (9) von der evangelischen Grundschule Pahlkestraße.
Levent Ulus ist Geschäftsführer des Türkischen Elternvereins. Als seine Kinder klein waren, besuchten sie die katholische Grundschule Untereicken. Wie andere muslimische Schüler nahmen auch Ulus' Kinder nicht am Religionsunterricht teil. "Das war damals überhaupt kein Problem", sagt der Geschäftsführer des türkischen Vereins. Und: "Auf dem Zeugnis stand einfach: nicht teilgenommen. Fehlzeiten gab es nicht." Doch seit ein paar Jahren stellen Ulus und seine Mitstreiter im Verein Veränderungen fest: Seit die Schulen ein Schulprofil erstellen müssen, legen viele Bekenntnisschulen wieder gesteigerten Wert auf ihre christliche Ausrichtung.
"Integration ist unsere Arbeit"
Im Fall der neunjährigen Zeynep folgte der Abmeldung vom Religionsunterricht ein Schulverweis von der evangelischen Grundschule Pahlkestraße. Der Vater klagte daraufhin. Eine Entscheidung gibt es noch nicht. Dafür reagierte der Türkische Elternverein: Er lässt 5000 Formulare zur Abmeldung vom Religionsunterricht drucken. Die sollen ab der kommenden Woche an bekannten Stellen in der Stadt ausgelegt werden. In Zukunft sollen alle Eltern, die nicht wollen, dass ihre Kinder am christlichen Religionsunterricht teilnehmen, den ausgefüllten Bogen schon bei der Anmeldung an der Schule abgeben.
Denn beim Türkischen Elternverein ist man überzeugt davon, dass zurzeit etliche Kinder gegen den Willen ihrer Eltern an den christlichen Glauben herangeführt werden. "Dazu gehört nicht nur die Teilnahme am Religionsunterricht. Es wird auch verlangt, dass die Kinder am Schulgottesdienst teilnehmen", sagt Levent Ulus.
Bessere Möglichkeiten zu schaffen für eine Integration in die deutsche Gesellschaft, zählt zu den Aufgaben des Türkischen Elternvereins. "Wir stecken all unsere Arbeit in die Bildungsförderung für Kinder und Jugendliche von Eltern mit Migrationshintergrund", sagt Ulus. Zur Integration gehören für ihn das Lernen der deutschen Sprache und auch die Eingliederung in die deutsche Gesellschaft. Wenn es aber darum gehe, auf Basis der Gesetze des Landes gleiche Möglichkeiten für alle zu gewährleisten, dürfe es keine Religionspflicht geben — für keinen, findet Ulus.
Alle muslimischen Schüler zu Gemeinschaftsgrundschulen zu schicken, hält der Geschäftsführer des Türkischen Elternvereins für keine gute Idee: "In Mönchengladbach sind fast die Hälfte aller Grundschulen Bekenntnisschulen. Würden alle Kinder mit Migrationshintergrund an Gemeinschaftsgrundschulen angemeldet, dann gäbe es dort einen Migrantenanteil von 60 bis 70 Prozent", sagt Ulus. Das sei nicht gerade integrationsfreundlich.
Der Türkische Elternverein sei religiös und parteipolitisch neutral. "Deshalb können und wollen wir auch nicht gegen die christliche Gemeinde und oder für die muslimische Gemeinde Partei ergreifen", erklärt Ulus. Hier gehe es aber darum, dass Grundrechte für alle gelten. Danach hätten Erziehungsberechtigte das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen. Im Elternverein wird damit gerechnet, dass es in den kommenden Monaten zahlreiche Abmeldungen vom Religionsunterricht geben wird.