Mönchengladbacher Horst Dederichs Extremtaucher auf der Suche nach Wracks

Mönchengladbach · Horst Dederichs hat als Extremtaucher oft das Abenteuer gesucht. Der Reiz: dort hingehen, wo noch kein Mensch war.

 Wer wie Horst Dederichs tief zu Wracks hinab tauchen will, muss auch öfter Übungstauchgänge machen. Das Foto entstand bei einem solchen zum Wrack der Peltastis vor der Insel Krk.

Wer wie Horst Dederichs tief zu Wracks hinab tauchen will, muss auch öfter Übungstauchgänge machen. Das Foto entstand bei einem solchen zum Wrack der Peltastis vor der Insel Krk.

Foto: Andreas Kloft

Horst Dederichs sieht noch ein wenig müde aus. Er ist eben erst aus Schanghai zurück. Der Geschäftsführer der Dive2gether.net Tauchsport GmbH war geschäftlich unterwegs. Von solchen Trips bringt er gelegentlich nicht nur einen Jet Lag mit, sondern auch Verlockungen. Ein philippinischer Kunde hat ihm von Schiffwracks erzählt, die in philippinischen Gewässern im Zweiten Weltkrieg gesunken sind und seitdem unberührt auf dem Meeresboden liegen. Zum Teil 130 Meter unter der Wasseroberfläche. „Das ist tief“, sagt Horst Dederichs. Aber es ist auch reizvoll.

Dederichs muss es wissen. Sein Unternehmen vertreibt nicht nur Ausrüstung für Taucher, die bis an die Grenzen des Machbaren gehen wollen. Dederichs hat selbst viel Erfahrung als Extremtaucher. Auf der Suche nach Schiffswracks hat er sich weit jenseits der Grenzen bewegt, die für Hobbytaucher gelten. Auch wenn seine letzte Expedition – die Suche nach dem Wrack eines deutschen Kriegsschiffes vor der Küste Tunesiens – fünf Jahre zurückliegt, wird es womöglich nicht wirklich seine letzte gewesen sein. „Irgendwann hat man seine Grenze erreicht, weiter kommt man nicht mehr. Dann zieht man einen Schlussstrich“, sagt der 50-Jährige. Und fügt nach einer winzigen Pause hinzu: „Ich glaube aber, an dem Punkt bin ich noch nicht ganz. Ich mache gerade eine Pause.“

Dass er nicht mehr so fit ist wie mit 20, spürt der gebürtige Hochneukircher natürlich. Schon längst geht er nicht mehr in jugendlicher Ahnungslosigkeit ans Werk wie mit Anfang 20, als er als Tauchlehrer in Ägypten die Sicherheitsgrenze von 40 Metern für Sporttaucher überschritt – ohne die richtige Ausrüstung und ohne wirkliche Vorstellung, wie gefährlich das war. „Ich habe da zwei, drei Mal echt Glück gehabt“, sagt Dederichs. Diese Grenzerfahrung hat die Lust am Abenteuer nicht gemindert. Aber sie hat zu der Einsicht geführt: „Wenn du so etwas machst, dann musst auch wissen, was du da machst.“ Will heißen: Wer das Extreme sucht, wer Risiken eingeht, sollte zuvor die Gefahren genau erkunden und lernen, sie zu minimieren. Das bedeutete auch, sich intensiv mit Theorie und Technik des Tauchens zu beschäftigen.

 Horst Dederichs ist Geschäftsführer eines Unternehmens, das Taucher in aller Welt mit Ausrüstung versorgt.

Horst Dederichs ist Geschäftsführer eines Unternehmens, das Taucher in aller Welt mit Ausrüstung versorgt.

Foto: Holger Hintzen

Bleibt die Frage: Warum macht man das überhaupt? Was hat eine niederrheinische Landratte wie Horst Dederichs in 70, 80 Meter Tiefe im Atlantik oder Mittelmeer verloren? „Verloren habe ich da eigentlich nichts“, sagt er. Dennoch hat er viel gefunden. Wracks von Schiffen, deren Position man allenfalls grob ahnte. Neben der Detektivarbeit, mit Hilfe von Seekarten, ungenauen Abschussmeldungen von Weltkriegspiloten oder sonstigen Hinweisen das gesuchte Objekt ausfindig zu machen, und neben dem Reiz, das Schicksal des Schiffes in den historischen Zusammenhang einzuordnen, gibt es noch einen anderen mächtigen Antrieb: „Dort hingehen, wo noch kein anderer Mensch gewesen ist“, sagt Dederichs. Ein Drang, den Bergsteiger, Höhlenforscher und Astronauten wohl teilen.

Eines ist Horst Dederichs allerdings wichtig. Das Abenteuer soll kein Selbstzweck sein. Der Weltrekord im Tauchen – mit entsprechender Ausrüstung – liegt bei mehr als 300 Metern. Für die taucherische Leistung hat Dederichs zwar allen Respekt. „Aber für mich ist das nichts. Das Ziel muss stimmen. Wenn es da nichts zu entdecken gibt, gehe ich da nicht hin“, sagt er. Sein Leben für eine bloße Zahl zu riskieren, käme dem 50-Jährigen nicht in den Sinn.

Seine Frau dürfte daran auch nicht ganz unschuldig sein. Anfangs hat sie ihn zu Expeditionen begleitet. „Es war für sie aber dann schon schwierig, oben an Bord zu warten, während ich drei oder vier Stunden bei widrigsten Bedingungen unter Wasser war.“ Irgendwann ist sie nicht mehr mitgefahren. Abgehalten hat sie ihren Mann dennoch nicht. Sie wusste schließlich, worauf sie sich mit ihm eingelassen hatte. „Sie hat nicht gesagt: Mach’ das nicht, sondern: Mach’ es richtig.“ Eine Unterstützung, die zur Sicherheit des Unterfangens beiträgt. „Man muss einen freien Kopf haben, wenn man so etwas angeht“, sagt Dederichs.

Dass er in Sachen Extremtauchen selbst gerade etwas pausiert, hat auch mit der Entwicklung des am Reststrauch ansässigen Tauch-Unternehmens zu tun. Als im vergangenen Jahr eine Gruppe Jugendlicher in Thailand in einer überfluteten Höhle eingeschlossen und nur unter Wasser zu erreichen war, schickte Dive2gether das Equipment nach Thailand, das den Höhlentauchern helfen sollte. Ansonsten sind die Kunden vor allem Taucher wie der Chef selbst. Menschen, die sich bis an die Grenzen des Möglichen heranwagen wollen und für ihre Abenteuer das richtige, lebenserhaltende Zubehör brauchen. Es läuft, die Firma hat weltweit Kundschaft. „Es gibt einige Verrückte da draußen“, sagt Dederichs und lacht. Keine Frage: Er selbst zählt sich unbedingt dazu.

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