Fiktiver Brief Mönchengladbach schreibt dem DFB

Mönchengladbach · Sollte die Fußball-EM 2024 nach Deutschland kommen, muss Mönchengladbach dabei sein. Trotz ihrer stolzen 1043 Jahre hat Mönchengladbach deshalb höchstpersönlich einen Brief an den Deutschen Fußballbund verfasst. Widerspruch zwecklos.

Stadien für EM 2024: Diese Spielorte aus NRW sind dabei
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Diese NRW-Stadien haben den Zuschlag für die EM 2024 bekommen

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Foto: dpa, cas hak

Lieber DFB,

wir kennen uns einigermaßen, auch wenn wir noch gar nicht so lange direkt miteinander zu tun haben. Ich darf mich trotzdem kurz vorstellen: Mein Name ist Mönchengladbach, ich habe mehr als 260.000 Einwohner und beheimate den tollsten Fußballverein der Welt. Das werden sicher alle Städte sagen, die Dir jetzt so einen Brief schreiben, weil sie gerne Austragungsort der Fußball-Europameisterschaft 2024 werden wollen. Ich muss Dir aber nicht groß erklären, dass das im Fall von Borussia Mönchengladbach, im englischen Sprachraum als "a German Team" (DFB-Sprech: The Mannschaft) bekannt, tatsächlich zutrifft.

Ich als Stadt habe aber noch so viel mehr zu bieten, was Du noch gar nicht wissen kannst, weil Du 1974 (WM), 1988 (EM) und 2006 (WM) überhaupt nicht hier warst. Immerhin: Wir hatten schon mal ein sehr angenehmes Rendezvous 2011 (Frauen-WM), aber in so kurzer Zeit kann man mich gar nicht so richtig kennen lernen. Also: Ich bin rüstig und sehr erfahren, immerhin genau 1043 Jahre alt, aber auch jung, frisch und hochmodern und weiß genau, wie sich Nationalmannschaften aus ganz Europa bei uns wohlfühlen werden. Ich habe Dinge, die niemand sonst bietet.

Da Fußballer ja von Haus aus sehr kulturbeflissene Menschen sind und es immer dringend Bilder für Social Media braucht, wie der Superstar mit schwerem Kopfhörer auf den Ohren in Trainingsbuxe und Louis-Vuitton-Herrentäschchen am Arm durch die Galerien dieser Welt schlurft, haben wir auch dafür die perfekte Lösung: Unser Museum Abteiberg ist gerade Museum des Jahres geworden! Natürlich sind Star-Fußballer penibel auf ihr Äußeres bedacht. Cristiano Ronaldo - ob er nun noch spielt oder schon Nationaltrainer ist - und seinen legitimen Nachfolgern wird hiermit eine der höchsten Frisör- und-Barbier-Dichten in Deutschlands Innenstädten versprochen. Für ganz Typ-Bewusste haben wir auch ausreichend Beauty-Nail-Augenbrauenzupfer-Tattoo-Studios. Dass das Minto schönstes Shopping-Center Deutschlands ist, weißt Du ja sicher. Im Grunde haben wir alles, was Spieler und Spielerfrauen glücklich macht. Und den sehr gläubigen Fußballern, die sich vor jedem Spiel bekreuzigen, sei gesagt: Wir haben im Münsterschatz ein Stück vom Abendmahlstischtuch aufbewahrt.

Extra für die Isländer lasse ich vor dem Museum Abteiberg Dampf aus dem Boden steigen. Kunstkenner wissen, dass es sich dabei um "Steam", ein Werk von Robert Morris handelt. Aber Isländer dürfen dazu gerne "Eyjafjallajökull" sagen. Und wenn sie ihr "Hu!" loslassen, antworten wir fachgerecht mit "Halt Pohl!"

Die Engländer wussten schon vor mehr als 60 Jahren, wie angenehm es sich innerhalb meiner Grenzen leben lässt. Sie haben Häuser und einen ganzen Stadtteil gebaut und haben hier, das darf ich wohl sagen, sehr viele Freunde gewonnen. Wenn die Briten noch hier wären, wir hätten den Brexit verhindert! Zum Beispiel, weil wir die älteste Altbier-Brauerei (direkt nebenan...) haben, Flönz, Himmel unn Ääd und Onjeschwedde - da geht niemand freiwillig!

Falls Dich Sorgen vor marodierenden internationalen Hooligan-Horden plagen, so darf ich hinter vorgehaltener Hand sagen: Wir haben eine Polizei mit sehr viel Erfahrung im Umgang mit - sagen wir mal - ruppigen Fußballfans. Unser wunderschönes, neues Polizeipräsidium sollte bis 2024 im Prinzip auch fertig sein. Wahrscheinlich. Selbstverständlich müssen extrem ehrenamtliche Organisations-Komitee-Mitglieder schnell von Spielort zu Spielort fliegen können, sonst würde eine EM nicht fluppen. Darauf sind wir eingerichtet mit einem eigenen Flughafen, den wir exklusiv dem DFB und der Uefa vorbehalten können. Da landet niemand sonst.

Aber vor allem biete ich Dir ungefähr 260.000 sehr enthusiastische, heimatliebende und weltoffene Menschen, die so fröhlich wie eigensinnig sind, die zwar gerne meckern, das aber im Grunde nur dann tun, wenn eigentlich alles in Ordnung ist. Jedes Jahr wird einer von ihnen Prinz und einer König. Sie sind alles herzensgute Menschen, die den Blick über das sehr flache Land schätzen; das merkt man daran, dass sie zwar gerne in Urlaub fahren, aber noch lieber wieder heimkehren: "Ne, wat woar dat schön, ävver wohnen dät ich do nie!" Ich bin fest davon überzeugt: Aus uns beiden wird was! Lott jonn, Dein Gladbach!

(RP)
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