Meerbuscher Geschichte Vor 20 Jahren sorgte diese Brücke für Proteste

Serie | Meerbusch · Die Flughafenbrücke wurde 2002 in Betrieb genommen. Damals gab es rund 15 Jahre Proteste gegen die Art der Rheinüberquerung. Aktivisten haben Ausgleichmaßnahmen erreicht. Die Natur hat sich mittlerweile regeneriert.

 Die Flughafenbrücke gibt es seit 20 Jahren. Die Luftaufnahme aus dem Flugzeug zeigt die Querung des Rheins.

Die Flughafenbrücke gibt es seit 20 Jahren. Die Luftaufnahme aus dem Flugzeug zeigt die Querung des Rheins.

Foto: RP/Dominik Schneider

Aktuell nutzen täglich 70.000 Kraftfahrzeuge die auf eine Geschwindigkeit von 100 Kilometer pro Stunde beschränkte Flughafenbrücke. Aber wohl kaum jemand, der heute die nördliche Rheinüberquerung im Pkw oder LKW nutzt – der Radverkehrsanteil beträgt lediglich ein Prozent – denkt an den harten, gut 15 Jahre andauernden Kampf gegen diese Brücke. Dabei war die bedrohte Natur bereits in den 1980/90er Jahren auch in Meerbusch ein wichtiges Thema. Und hier ging es um die „Ilvericher Altrheinschlinge“, einem flächenmäßig mit dem Central Park in New York zu vergleichenden rund 350 Hektar großem Naturschutzgebiet. Der Kampf wurde intensiv geführt. Trotzdem feiert die Brücke in diesem Jahr einen runden Geburtstag.

Sie wurde am 31. Mai 2002 dem Verkehr übergeben und das ist Grund genug, einen Blick zurück auf die vorausgegangenen Ereignisse zu werfen. Oliver Keymis beispielsweise ist Zeitzeuge und ehemaliger A44-Aktivist. Seit 1997 Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen und ab 2000 als Abgeordneter Kultur- und Medienpolitischer Sprecher, drei Jahre auch als verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag NRW hat er in umfangreichen Abhandlungen, unter anderem für die Meerbuscher Geschichtshefte und in einem Vortrag beim Heimatkreis Lank die Geschehnisse festgehalten. Heute fasst er zusammen: „Ursprünglich war eine sechsspurige Fahrbahn auf dem Deich durch die Altrheinschlinge geplant. Das wäre bitter gewesen und hätte vieles kaputt gemacht. Deshalb war der allgemein anhaltende Protest wichtig. Letztendlich hatte er sehr weitreichende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Folge. Heute hat sich die Natur in Teilen regeneriert, die Altrheinschlinge ist immer noch ein herrliches Naturschutzgebiet.“ Aber der Aufwand der Proteste ist nicht vergessen. 1985 wurde in Büderich die „Stop A44 Bürgergemeinschaft Meerbusch“ gegründet. „Ja zu Meerbusch – Nein zur A44“ war die Devise. In kurzer Zeit wurden über 12.000 Unterschriften gesammelt – auf dem Rheindeich und in der Galerie Ilverich, wo auch Joseph Beuys oft zu Gast war. Die Bürgergemeinschaft hatte die von 1989 bis 2003 existierende Rheinauen-Schutzgemeinschaft Meerbusch an ihrer Seite. „Sie wurde scherzhaft von Insidern als ‚legaler Arm‘ der Stop A44 Bürgergemeinschaft bezeichnet“, erinnert sich Oliver Keymis.

Auch die Stadt legte ihr Veto ein und Landesverkehrsminister Christoph Zöpel forderte wie alle anderen eine Volluntertunnelung. Dem CSU-Bundesverkehrsminister Werner Dollinger war das 700-Millionen-DM-Projekt zu teuer. 1985 konterte der SPD-Landesverkehrsminister Christoph Zöpel: „Wenn die Autobahn an dieser Stelle zu teuer ist, dann ist sie an dieser Stelle falsch.“ Oliver Keymis erinnert sich: „Sehr viele Meerbuscher – ein bisschen wie das berühmte kleine gallische Dorf von Asterix und Obelix – setzten sich mehr als anderthalb Jahrzehnte gegen den oberirdischen Verlauf der A44 ein. Selbst der Europäische Gerichtshof war im Spiel. Er verurteilte die Bundesrepublik, weil sie mit der verspäteten Einführung der FFH-Richtlinie gegen europäisches Umweltrecht verstoßen hatte. Diese Richtlinien markieren Lebensräume von Tieren und Pflanzen, die nach EU-Recht geschützt sind – FFH steht für Fauna-Flora-Habitat-Gebiet. Am 14. September 2001 stellte die Rheinische Post fest: „Bei rechtlich korrektem Vorgehen, hätte die Brücke nicht gebaut werden dürfen.“ Aber das spielte fast keine Rolle mehr, als am 26. Juni 1998 der erste Spatenstich erfolgte. Natürlich wurde in Meerbusch protestiert. Es gab einen stillen „Trauerzug“, der vom Meerbuscher Aktionskünstler Helmut Martin-Myren angeführt wurde.

Dann wurde die Rheinquerung nach vierjähriger Bauzeit schließlich fertiggestellt und mit einem Volksfest eingeweiht. Von dem Augenblick an hatte die nahe gelegene Rheinfähre Langst-Kaiserswerth an Bedeutung verloren. Sie wird seit 20 Jahren fast nur noch von Ausflüglern genutzt. Und selbst bei der Namensgebung war man sich nicht einig. Die Bevölkerung hatte sich im Rahmen eines Wettbewerbs den Namen „Niederrheinbrücke“ gewünscht. Aber das Bundesverkehrsministerium stimmte nicht zu. So wurde die Brücke nach dem Düsseldorfer Flughafen benannt – bis es 2008 Bestrebungen gab, ihr den Namen des verstorbenen Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin zu geben. Damals wurde allerdings dem Einwand von Meerbuscher Seite nachgegeben – es wurde bemängelt, dass nur ein Ende der Brücke auf Düsseldorfer Gebiet liege und es unangemessen sei, dass die Landeshauptstädter die ganze Brücke „gedanklich eingemeinden“. Schließlich entschied der in Meerbusch lebende damalige NRW-Verkehrsminister Lutz Lienenkämper, dass es die Flughafenbrücke bleibt.

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