Gastronomie in Meerbusch Gänseessen in Zeiten der Krise

Meerbusch · Gänse sind teurer und rarer als sonst. Für die Wirte hat sich der Einkaufspreis verdoppelt. In den Meerbuscher Restaurants laufen die Reservierungen dennoch gut an. In diesen Tagen startet die Saison.

 Razieh Salkhordeh und Linus Debueler zeigen, wie im Strümper Hof die Gans auf den Teller kommt.

Razieh Salkhordeh und Linus Debueler zeigen, wie im Strümper Hof die Gans auf den Teller kommt.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Was für eine schöne Tradition, wenn in den Restaurants jetzt im Herbst wieder Gänse mit Rotkohl, Klöße, Maronen und Bratapfel aufgetischt werden. Für viele Menschen gehört die Martinsgans zu einer der Traditionen dieser Jahreszeit. Diesmal jedoch ist die Freude getrübt, bei Gastronomen wie bei den Gästen. Denn beim bliebten Federvieh kam es zu einer enormen Kostenexplosion. Der Einkaufspreis hat sich glatt verdoppelt. Wie reagieren die Wirte darauf? Und wie sieht es mit der Lust auf den knusprigen Braten aus, wenn man dafür merklich tiefer in die Tasche greifen muss?

„Wir spüren die Zurückhaltung ganz extrem“, sagt Johannes Siemes vom Strümper Hof. „Bei den gestiegenen Preisen überlegen sich die Leute, ob sie sich ihre Martinsgans leisten können oder wollen.“ In seiner Kalkulation hat er es vermieden, die Schallgrenze von 40 Euro zu tangieren. „38,90 Euro können wir gerade noch vertreten, obwohl unser Gewinn sich dabei halbiert“, erläutert Johannes Siemes. Der Wirt hofft darauf, dass seine Gäste an der Tradition festhalten und sich das Vergnügen wenigstens einmal im Jahr gönnen.

„Die Reservierungen laufen gut“, bestätigt er. „Allerdings wird nicht mehr so lange im Voraus gebucht wie in früheren Jahren, man entscheidet sich eher spontan. Das geht auf Corona zurück.“ Die „Gans to go“ aus dem Strümper Hof wird für 10 Euro ins Haus geliefert, der ganze Vogel kommt auf 149,50 Euro. „Verglichen mit einer Gans vom Bauern ist das noch günstig“, betont Siemes.

Die Gänse seien nicht nur erheblich teurer, sondern oft auch über 100 Gramm leichter als früher, hat Alex Georgiades vom Restaurant Gulasch in Büderich beobachtet. Den Preis für ein Drei-Gänge-Gericht müsse er von 35 auf 40 Euro anheben, um noch wirtschaftlich arbeiten zu können. „Dennoch glaube ich, dass die Gäste kommen werden“, sagt Georgiades zuversichtlich. „Wie stark es sich auswirkt, wenn ihre Portemonnaies etwas schmaler sind als sonst, bleibt abzuwarten. Gut möglich, dass der Gänsepreis im Dezember auch wieder etwas sinkt.“ Das Außer-Haus-Geschäft, dass das Gulasch während der Pandemie aufgebaut hat, will Alex Georgiades in diesem Herbst verstärken.

Sebastian Heinen von der Alten Weinschänke in Lank findet die derzeitige Situation beängstigend. „Bei vernünftiger Kalkulation müssten wir pro Portion zehn Euro mehr berechnen. Deshalb überlegen wir, Beilagen wie Maronen und Äpfel separat aufzulisten.“ Den exakten Endpreis kennt er noch nicht. „Da muss ich auf den Händler warten. Er dürfte bei 35 bis 36 Euro liegen.“ Etliche Gastronomen hätten sich dazu entscheiden, gar keine Gänse anzubieten. „Das ist für mich bei der langen Tradition keine Option“, sagt Sebastian Heinen. Wie in anderen Meerbuscher Restaurants kommen die Gänse auch bei ihm aus Polen. Dort hat die Vogelgrippe den Bestand des Geflügels dezimiert, die Nachzucht hält mit der Nachfrage nicht Schritt. Das erklärt die hohen Preise.

Kurz hatte Heinen in Erwägung gezogen, seine Gänse beim Bauern um die Ecke einzukaufen: „Illusorisch, viel zu teuer“ musste er jedoch feststellen. Mehr als ein Plus-Minus-Null-Geschäft sei kaum drin in dieser Saison, vermutet der Gastwirt. „Das ist zwar schade, aber die Kunden schätzen es, dass wir es überhaupt durchziehen.“

Auch in der Rheinschänke in Büderich werden Gänseessen gebucht. „Viele wollen aber vorher wissen, was das Gericht kostet“, berichtet Betriebsleiter Peter Wilden. „Den doppelt so teuren Einkaufspreis von 50 Euro pro Stück können wir nicht an die Gäste weitergeben. Mit einem Aufschlag von 30 Prozent müssen sie allerdings rechnen.“ Kommen deshalb weniger zum Essen? „Das hoffe ich nicht. Bei Tischgesellschaften mit zehn oder zwölf Personen ist die traditionelle Martinsgans unverändert beliebt.“

Die Reservierungen im Restaurant des Golfparks Meerbusch sind gut angelaufen. Nur bei größeren Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern zeichne sich eine Zurückhaltung ab, berichtet David Adrian. Viele der klassischen Produkte, nicht nur die Gans, auch Maronen, Butter und Schmalz seien teurer als im Vorjahr. „Bei der Weitergabe der Preise an die Gäste ist Vorsicht geboten“, sagt der Geschäftsführer. „Diese gemütlichen Runden werden sehr geschätzt. Hier muss man das große Ganze betrachten, nicht nur den einzelnen Profit. In den Vorjahren haben wir bei faireren Einkaufspreisen in der Gänsezeit sicher auch Geld verdient. Nun ist es halt mal etwas weniger.“ Brust oder Keule kommen für 36 Euro auf den Tisch. Bei den Beilagen würden keine Abstriche gemacht, sie dürften sogar nachbestellt werden. Auch in dieser Saison wird im Golfpark-Restaurant die perfekt vorbereitete „Gans in der Kiste“ zur Abholung angeboten. Den letzten Schliff erhält sie dann in der heimischen Küche.

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