Serie Mein Verein Briefmarkenfreunde sind wie Dinosaurier

Opladen · Die Philatelisten wissen, dass ihr Hobby bald aussterben wird. Dennoch mögen und zelebrieren sie es. So wie die Briefmarkenfreunde Opladen.

 Michael Böll ist Vorsitzender der Briefmarkenfreunde Opladen. Er entdeckte das Hobby im Jahr 1972 für sich. Seitdem ist er dabei geblieben.

Michael Böll ist Vorsitzender der Briefmarkenfreunde Opladen. Er entdeckte das Hobby im Jahr 1972 für sich. Seitdem ist er dabei geblieben.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Drei oder vier Jugendliche. Mehr interessieren sich in der 160.000 Einwohner zählenden Stadt Leverkusen vermutlich nicht für Briefmarkenkunde, die sogenannte Philatelie. Das schätzt jedenfalls Michael Böll, Vorsitzender der Briefmarkenfreunde Opladen. Der 55-Jährige weiß, dass das Sammeln von Briefmarken seit Jahren schwer außer Mode gekommen ist und sich Kinder lieber auf andere Dinge wie Actionfiguren oder Panini-Fußballbilder konzentrieren.

Doch er gehört zu denjenigen, die sich dem Trend tapfer widersetzen. Als der Verein 1921 gegründet wurde, war Philatelie ungeheuer populär. Im Jahr 1972, als der Rechnungsprüfer bei Lanxess das Hobby für sich entdeckte und fünf Jahre später der Jugendgruppe des Vereins beitrat, zählte der Verein insgesamt 60 Mitglieder. „Damals gab es noch nicht so viele Hobbys und Möglichkeiten, die Freizeit zu verbringen“, schildert Böll im Rückblick. Inzwischen scheiden immer mehr Sammler aus Altersgründen aus, aber Nachwuchs kommt nicht nach.

„Daran versuchen wir zu arbeiten, absolvieren öffentliche Auftritte. Bei der Ehrenamtsbörse sind wir mit einem Stand vertreten. Und beim Familienfest in Schlebusch“, zählt der Quettinger auf, der den Verein seit 1981 leitet und sich auf eine eher schwierige Variante des Sammelns spezialisiert hat. „Ich versuche zu dokumentieren, wie Menschen die Briefmarken verwendet und eingesetzt haben, als sie aus einem bestimmten Grund herausgegeben wurden.“ Beispiel: Eine Fünf-Cent-Briefmarke dient aktuell nur als Ergänzung für eine andere Marke. Eine Fünf-Pfennig-Briefmarke hingegen wurde speziell nach dem Krieg geprägt und diente lediglich dazu, um Anschriften von Bürgern zu ermitteln.

Allerdings liegt die Frage nahe, ob die Philatelie überhaupt Chancen hat, zu überdauern. „Wenn man Philatelie nur alleine auf die Briefmarke bezieht, wird sie vermutlich irgendwann einmal auslaufen“, schätzt Böll. Bereits Ende der 1990er Jahre haben Briefmarken zunehmend an Bedeutung verloren; sie wurden abgelöst, als das Internet Einzug hielt und der Versand von Briefen durch E-Mails ersetzt wurde. Es war die Post, die selbst für den weiteren Niedergang sorgte: Indem sie Auflagen von Sondermarken runterschraubte und Briefmarken – wenn überhaupt - fast nur noch in Sets anbot. Die massive Reduktion von Briefkästen und die komplizierten Tarife taten ein Übriges. „Doch Philatelie ist mehr als nur das“, sagt Böll. In seinen Augen gehört auch die Geschichte, wie Briefmitteilungen transportiert wurden, ganz klar zur Briefmarkenkunde. Wie beispielsweise das Wissen um die sogenannte Vor-Philatelie, als es noch keine Briefmarken gab, sondern Post von Boten überbracht wurde. „Ich habe immer gesagt, wir sind wie Dinosaurier. Wir wissen, dass wir irgendwann aussterben, aber wir mögen und zelebrieren unser Hobby noch.“

Noch ist das Stichwort. Der Opladener Verein ist noch in der glücklichen Lage, dem Mitgliederschwund der letzten Jahre getrotzt zu haben, so dass er aktuell 29 Mitglieder hat. Überdies gibt es regelmäßige Tauschtage. Doch schon lange dreht sich nicht mehr alles nur um Briefmarken, sondern fast ebenso sehr um andere Aktivitäten. Dazu zählen Fahrten oder Unternehmungen wie Kartoffelfeuer und Kegelabend. „Es ist wichtig, dass Mitglieder aktiv am Vereinsleben beteiligt sind“, sagt Böll. Auf jeden Fall möchte er seinen Verein – als einen von insgesamt drei Organisationen in Leverkusen – noch ins Jahr 2021 führen. Denn dann wird das 100-jährige Bestehen gefeiert. Im Anschluss daran werden sich die Vereine vermutlich auflösen und fusionieren. Zwei Vereine arbeiten bereits jetzt an ihrem Zusammenschluss. Die Opladener würden später folgen. „Ich möchte erst eine Sache zu Ende bringen. Wie es danach weitergeht, bleibt abzuwarten“, stellt Böll nüchtern fest.

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