Leverkusen Für Ausbildung kaum noch kompromissbereit

Leverkusen · Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen ist viel höher als im Vorjahr. Arbeitgeber und -nehmer sind kaum zu Kompromissen bereit.

Oberflächenbeschichter, Sonnenschutzmechatroniker oder Regierungssekretäranwärter -diese Berufe werden unter anderen derzeit in Leverkusen zur Ausbildung angeboten. "Darunter kann sich doch kaum einer etwas vorstellen. Da sind 16-Jährige sofort überfordert", sagt Regina Wallau. Für die Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach sind die verklausulierten Berufsbezeichnungen auch ein Grund dafür, dass auf dem Leverkusener Ausbildungsmarkt im Juni 1,1 Prozent mehr Suchende (999) als im Vorjahr gemeldet sind. Dabei stehen dieser Zahl 393 unbesetzte Ausbildungsstellen (66,5 Prozent mehr als 2013) gegenüber. Aufklärung über neue Berufe sei deshalb ein wichtiges Thema, das Schule und Verbände noch stärker angehen müssten.

Der Teufelskreis: Wo der Nachwuchs fehlt, gehen die Fachkräfte aus. Daher decken sich auch die Arbeitsbereiche, in denen Azubis und Angestellte gesucht werden, großteils. "Mangel finde ich zu hart ausgedrückt. Aber es gibt einen großen Fachkräftebedarf", sagt Regina Wallau. Ein großes Problem dabei ist die geringe Flexibilität der Arbeitgeber und -nehmer. "Die Passgenauigkeit geht immer weiter zurück", sagt Wallau. Viele Ausbildungssuchende hätten feste Vorstellungen von einer Stelle, von denen sie nicht abweichen wollen. Beispiele: Der Nahrungsmittelbereich (Metzger, Fleischer, Bäcker, Gastronomie) hat ein massives Problem, Leute zu finden. Doch die frühen Arbeitszeiten und Sonntagsdienste in Relation zur geringen Bezahlung schrecken viele ab. Auch Frisöre werden händeringend gesucht, ebenso Dachdecker, Elektriker oder Handwerker im Bereich Sanitär oder Heizung. "Hier haben viele falsche Vorstellungen. Diese Bereiche sind nicht mehr klassisch aufgestellt, sondern teils hochtechnisiert und spannend", sagt Wallau. Weiterhin sei eine immer geringere Bereitschaft zur Mobilität zu erkennen. "In Leverkusen ist es für einige ja schon ein Problem, über den Rhein zu pendeln", sagt Regina Wallau. "Es ist nicht einfach, die Leute davon zu überzeugen. Und wir reden hier ja noch nicht einmal von einem Umzug, sondern nur vom Pendeln."

Aber nicht nur die Arbeitnehmerseite müsse flexibler werden. Wallau übt auch Kritik an den Arbeitgebern. Zu häufig komme es vor, dass Firmen aufgrund schlechter Zeugnisnoten lieber gar keinen Auszubildenden einstellen und stattdessen ein weiteres Jahr warten. "Entweder man braucht einen Azubi oder nicht. Dann muss man eben auch mal in den sauren Apfel beißen und jemanden nehmen, dessen Noten nicht perfekt sind", meint Wallau. "Zeugnisse sagen nicht alles aus. Manche blühen eben erst in der Ausbildung auf."

(RP)
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