Gastbeitrag von Rodolfo Mohren-Petersohn Wie steht es um unseren Schulsport?

Erkelenz · Ein Gastbeitrag von Sportlehrer Rodolfo Mohren-Petersohn.

  Rodolfo Mohren- Petersohn (46)     Lehrer  u.a. für Sport am Cusanus-Gymnasium Erkelenz

Rodolfo Mohren- Petersohn (46) Lehrer u.a. für Sport am Cusanus-Gymnasium Erkelenz

Foto: SC 09 ERKELENZ

Gerne nehme ich das Angebot an, aus der Sicht eines Sportlehrers die Situation des Schulsports zu beschreiben. Vorab möchte ich deutlich machen, dass meine Einschätzungen natürlich lediglich meinen Erfahrungen entspringen und keineswegs den Anspruch auf Repräsentativität erheben können.

Mein Blickwinkel ermöglicht Einblicke in den Schulsport, da ich seit nunmehr 14 Jahren Kinder und Jugendliche von Klasse 5 bis 12/13 unterrichte, meine Perspektive ist aber eben auch begrenzt, da ich an einem Gymnasium im vergleichsweise finanzstarken Erkelenz unterrichte und zum Beispiel nicht an einer Grundschule in einer finanzschwachen Kommune oder einer Hauptschule in einem urbanen sozialen Brennpunkt.

Schulsport ist nicht gleich Schulsport. Es spielt eine große Rolle, welche Klientel ich unter welchen Bedingungen unterrichte. Gemessen an einigen Aussagen, auf die man bei einer kurzen Internetrecherche stößt, erscheint der Schulsport nahezu tot. Natürlich hat die DSB-SPRINT-Studie aus dem Jahr 2006 Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen zutage gefördert, die auch 2019 in weiten Teilen nicht an Aktualität eingebüßt haben. Beispielsweise ist weiterhin für viele Schulen in Deutschland die Versorgung mit Sportstätten, speziell Schwimmbädern, ein zentrales Problem. Für die Erkelenzer Schulen gilt dies aber bestimmt nicht. Es gibt Optimierungspotential, aber an Sportstätten scheitert der Schulsport in Erkelenz meiner Einschätzung nach nicht. In aller Munde ist auch die in vielen Studien aufgezeigte Minderung der körperlichen Leistungsfähigkeit vieler Kinder und Jugendlicher. Zweifellos haben sich die sportlichen Leistungen – soweit sie denn „messbar“ sind! – in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten im Durchschnitt verschlechtert. Auch erlebe ich Kinder, die kaum rückwärts laufen (geschweige denn hüpfen) können oder bis in Klassenstufe 5 noch nie einen „Purzelbaum“ gemacht haben. Aber wen verwundert diese Diagnose? In weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens – auch in der Schule! – dominieren Tätigkeiten im Sitzen.

Seit Jahren wird gemahnt, dass Kinder und Jugendliche zu viel Zeit vor dem Fernseher oder dem Computer verbringen. Zweifelsohne täte eine tägliche Sportstunde den Kindern und Jugendlichen gut. Von einer „neuen Unsportlichkeit“ mag ich in meinem Schulalltag aber nicht sprechen. Dafür gehen die meisten Schülerinnen und Schüler viel zu gerne in den Sportunterricht. Auch ist es so, dass es weiterhin eine wahrnehmbare Zahl von guten bis herausragenden Sportlerinnen und Sportlern in der Schülerschaft gibt.

Als Sportlehrer an einem Gymnasium profitiere ich zudem davon, Kinder und Jugendliche zu unterrichten, die überwiegend einer sozialen Schicht entstammen, zu deren soziologischen Habitus „die neue Unsportlichkeit“ eben nicht gehört. Die Kolleginnen und Kollegen an anderen Schulformen und/oder anderen Standorten können diesbezüglich sicherlich andere Wahrnehmungen schildern. Auch profitiert der Schulsport in Erkelenz von Vereinen, die gute Arbeit leisten und viele Kinder auf einem Niveau ausbilden, wie es der Schulsport nie zu leisten im Stande wäre. Gute Sportlerinnen und Sportler aus den Vereinen können das Niveau des von der Lerngruppe Erlernten ungemein heben, wenn sie von den Lehrkräften sinnvoll eingebunden werden und sich einbinden lassen.

Von Rodolfo Mohren-Petersohn

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