Arbeitsgericht Krefeld Outokumpu: Im Betriebsrat ist das Klima vergiftet

Krefeld · Die Syndikusanwältin spricht von „aufgeheiztem Klima innerhalb des Betriebsrats“. Es soll zu Handgreiflichkeiten gekommen sein, die der Werksschutz beenden musste.

 Es gibt Konflikte unter den Arbeitnehmern von Outokumpu Nirosta in Krefeld.

Es gibt Konflikte unter den Arbeitnehmern von Outokumpu Nirosta in Krefeld.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Um das Betriebsklima bei Outokumpu Nirosta Deutschland in Krefeld scheint es nicht zum Besten zu stehen. Erneut trafen sich Mitglieder des Betriebsrates und Vertreter des Stahlkonzerns vor dem Arbeitsgericht am Preußenring. Wolfgang Kalwa — einer der drei bekannten Kalwa-Brüder, die als Arbeitnehmervertreter am Standort Krefeld und darüber hinaus viele Jahre lang aktiv waren  und öffentlich die Proteste gegen Schließungen ganzer Abteilungen anführten — wehrte sich am Mittwoch gegen zwei Abmahnungen seines Arbeitgebers.

Kalwa hatte ohne Zustimmung des Arbeitgebers Flugblätter verteilt, in denen zu lesen war, dass die Belegschaft die Sorge umtreibe, dass Outokumpu übertarifliche Vergütungen einsparen wolle. „Das verstößt gegen eine betriebliche Vereinbarung und ist außerdem inhaltlich unwahr“, begründete Syndikusanwältin Nadja Schlotjunker die Abmahnungen.

Dem hielt Kalwas Rechtsbeistand entgegen, dass die Flyer vor dem Werkstor verteilt worden seien, und dass die Belegschaft das im Flugblatt beschriebene Thema an den Betriebsrat herangetragen habe und somit einerseits aktuell und andererseits Anlass zur Stellungnahme gewesen sei.

Richterin Karola Dicks-Hell gab zu erkennen, dass die betriebliche Vereinbarung wohl nicht greife, weil die Aktion vor den Werktoren stattgefunden habe, und sie unter die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit falle. Bliebe noch die Klärung, ob in den Flugblättern Unwahrheiten behauptet würden.

Nadja Schlotjunker trug vor, dass es im Jahr 2016 eine „Kosteneffizienzinitiative“ gegeben habe (die Sparüberlegungen trugen nach Kenntnis unserer Redaktion den Projektnamen Mercury), in der unter anderem über die Reduzierung von Erfolgsboni diskutiert worden sei. Dabei sei es auch nicht um eine Komplettstreichung der Boni gegangen, sondern um eine Rückführung auf die tariflich vereinbarten zehn Prozent.  Damals sei ein Sozialplan vereinbart und Überlegungen der Kosteneffizienzinitiative  zum Teil aufgenommen worden. Aktuell stehe das Thema überhaupt nicht zur Debatte, sagte die Syndikusanwältin von Outokumpu.

Solche Unwahrheiten seien in eine Zeit, in der „im Moment sowieso schon ein aufgeheiztes Klima innerhalb des Betriebsrats“ herrsche, besonders fehl am Platze. Bekanntlich hatte eine andere Kammer des Arbeitsgerichts Krefeld die Wahl des Betriebsrats für unwirksam erklärt, weil bestimmte Gruppen zur Briefwahl verpflichtet waren.

Die dabei offen zutage getretenen Konflikte innerhalb der Belegschaft und des Betriebsrats sind nach Informationen unserer Redaktion nicht ausgestanden. Offenbar hat es Handgreiflichkeiten innerhalb des Betriebsrates gegeben, die erst durch den Werkschutz beendet werden konnten. Dabei sollen zwei Betriebsratsmitglieder verletzt worden sein, so dass sie vom Werksarzt behandelt werden mussten. Einer der Geschädigten sei schwerbehindert gewesen, ein andere am Ohr verletzt worden, sagen Ouotkumpu-Beschäftigte. Ob sich die Äußerungen Nadja Schlotjunkers auf diese Vorfälle beziehen, bleibt offen.

Anlass für die Rangelei war angeblich ein Vorstoß der beiden Betriebsratsmitglieder, bei der vom Gericht veranlassten Wiederholung der Betriebsratswahl nicht den alten Wahlvorstand zu berufen, sondern einen neuen einzusetzen. Überhaupt scheint der IG-Metall-dominierte Betriebsrat keine allzu großen Anstrengungen für eine Neuwahl zu unternehmen. Im November stehen die Wahlen für den Outokumpu-Aufsichtsrat und die Schwerbehindertenvertretung an. Da könnten von Arbeitnehmerseite dann die bisherigen Akteure einziehen und die gut dotierten Posten besetzen, vermuten Teil der Belegschaft.

Die wundert sich auch über die offiziellen Informationen des Betriebsrats über das Arbeitsgerichtsverfahren, das die Unwirksamkeit der Wahl festgestellt hatte. Die Kläger, die die Wahl angefochten hatten, führten dazu sechs Gründe ins Feld. Ausschlaggebend war die nicht rechtmäßige Bedingung, dass einige Gruppen nur per Briefwahl teilnehmen durften. Die anderen Einwände seien, weil für den Ausgang des Verfahrens unnötig, nicht geprüft worden, sagten Betroffene. Der Betriebsrat stellt dies nun anders dar. Der Vorwurf der Wahl-Manipulation stehe weiter im Raum. Wie kann die Wahlbeteiligung an einem Tag von 60 auf 74 Prozent steigen, obwohl nur etwa 30 von 1400 Wahlberechtigten an dem Tag ihre Stimme abgegeben hätten, fragen Outokumpu-Mitarbeiter.

Eine gütliche Einigung zwischen dem Betriebsrat Kalwa und seinem Arbeitgeber Outokumpu  gab es gestern nicht. Die Richterin Karola  Dicks-Hell setzte den Kammertermin für  Freitag, 7. Dezember, an und ordnete das persönliche Erscheinen des Klägers gegen die beiden  Abmahnungen an. Geklärt werden soll, ob der Inhalt der Flyer unwahre Tatsachenbehauptungen enthält.

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