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Kultur in Krefeld Die schwindende Relevanz des Theaters

Zehn Theaterleute präsentierten auf einer Bühne in der Krefelder Mediothek die Ergebnisse eines Workshops mit dem Titel „Über-Schreiben“. Ulrich Hub und Roland Schimmelpfennig hatten die Leitung.

 Evelyn Buchholtz, Leiterin der Mediothek: „Theater und Mediothek leben in guter Nachbarschaft. Und: Uns verbindet die Sprache.“

Evelyn Buchholtz, Leiterin der Mediothek: „Theater und Mediothek leben in guter Nachbarschaft. Und: Uns verbindet die Sprache.“

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Im Atrium der Krefelder Mediothek war eine Bühne aufgebaut, auf der im Halbkreis zehn Theaterleute saßen: Sie präsentierten die Ergebnisse eines Workshops mit dem Titel „Über-Schreiben“. Zunächst begrüßte Evelyn Buchholtz, Leiterin der Mediothek die Gäste: „Das Publikum ist zweistellig.“ Theater und Mediothek leben in guter Nachbarschaft und: „Uns verbindet die Sprache.“

Dann erläuterte Eva Spott aus dem Kreis der Schauspieler die Idee, die sie zusammen mit ihrer Kollegin Katharina Kurschat entwickelt habe. Sie hätten sich gefragt, ob die schwindende Relevanz des Theaters ihre Ursache in der Sprache habe; welchen Gestus und welches Personal das Theater brauche. So hat das Theater mit einer Förderung aus dem Jubiläumstopf der Stadt Krefeld (650 Jahre) die beiden „begnadeten Workshop-Leiter“ Ulrich Hub und Roland Schimmelpfennig eingeladen. Eva Spott bedankte sich für „die große Förderung der Stadt“ und übergab das Wort an die miteinander befreundeten Dramatiker.

Ulrich Hub, geb 1963 in Tübingen, ist Autor des Kinderbuchklassikers „An der Arche um acht“, er schreibt Theaterstücke, ist Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor. Theaterinteressierte haben vielleicht sein Stück „Nathans Kinder“ im Kresch gesehen. Eine Art Fortsetzung von Lessings Nathan, bei der es dann nicht mehr um das Ringgleichnis dreier alter Männer geht, sondern um deren Kinder und deren Umgang mit ihrer Zeit, um Liebe und Religion und Zwänge in der nachfolgenden Generation. Wer’s genauer wissen möchte, kann neben anderen Auskünften sehr kluge und amüsante „Interviews mit mir selbst“ auf der Seite www.ulrichhub.de nachlesen.

Roland Schimmelpfennig wurde 1967 in Göttingen geboren. Der Schriftsteller und Dramaturg ist derzeit der meistgespielte Gegenwartsdramatiker Deutschlands. Das Theater Krefeld hat 2012 sein Stück „Der Goldene Drache“ in der Reihe „On Stage“ aufgeführt – sehr erfolgreich.

Hub und Schimmelpfennig wollten die Einladung zu dem Workshop „Über-Schreiben“ eigentlich ablehnen, so sagten sie mit einem Augenzwinkern: „Wir wollen eigene Geschichten machen.“ Doch dann fiel ihnen auf und ein, „dass die meisten Theaterstücke Überschreibungen sind.“ Stoffe würden immer weitergereicht und hier ginge es darum, Stoffe immer wieder anders zu erzählen. Zum Beispiel wurde „Pygmalion“ von Shaw in das Musical „My Fair Lady“ verwandelt und war ursprünglich Stoff in Ovids „Metamorphosen“.

Aus dieser Sammlung stammt auch der Stoff, mit dem sich die Krefelder Theaterleute befasst haben: Phaeton, der Sohn des Sol, hat einen Wunsch frei und möchte den Sonnenwagen lenken. So lasen die Esther Wissen, Eva Spott, Nicolas Schwarzbürger, Vera Meis, Christopher Roos, Bruno Winzen, Martina Schröder, Carolin Schupa, Paula Emmerich und Adrian Linke also zuerst nacheinander kürzere oder länger Abschnitte aus dem Ovid in der Übersetzung von Johann Heinrich Voß und zeigten damit die Komplexität dieser Sprache. Und wie geübte Schauspieler solchen Wort Verstehbarkeit verleihen können. In einer zweiten Runde präsentierten die zehn dann die Ergebnisse ihrer Arbeit mit den Dramaturgen. Wieder las jeder eine Passage, die jeweils eine andere Perspektive, einen anderen Erzähler, eine andere Sprache aufwiesen: Die Theaterleute bildeten einen Chor mit sehr verschiedenen Stimmen. Ein gelungener Workshop, dessen Ergebnissen man doch erheblich mehr Zuhörer gewünscht hätte.

Nach einer kleinen Pause verfügte man sich nach draußen und plauderte, fast unter sich, darüber, wie mehr und jüngeres Publikum angesprochen werden könnte. Einig war man sich über die Einmaligkeit des Theaters mit seiner besonderen Erzählweise: „Man kann so einfach Wunder erschaffen, zusammen mit dem Ensemble zutiefst menschliche Geschichten erzählen“, fasste Dramatiker Roland Schimmelpfennig zusammen.

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