Krefeld Bei Siemens fallen Jobs weg

Krefeld · Der Elektronik-Konzern streicht 700 Stellen in seiner Bahn-Sparte – vor allem in Erlangen. Das Krefelder Werk ist zwar gut ausgelastet, doch auch hier werden Mitarbeiter in Altersteilzeit geschickt. Die Erträge der Branche schwächeln.

Von den massiven Stellenstreichungen in der Bahntechnik bei Siemens ist auch das Krefelder Werk betroffen, in dem unter anderem der ICE gebaut wird. Nach Angaben aus Konzernkreisen soll von den 2400 Arbeitsplätzen in Krefeld eine zweistellige Anzahl abgebaut werden. Dies soll vor allem über Altersteilzeit erfolgen. Ein Sprecher der IG Metall NRW erklärte, über dieses vor einiger Zeit gestartete Altersteilzeit- Programm hinaus seien der Gewerkschaft keine weiteren Kürzungspläne bekannt. Bundesweit will Siemens 700 von 6000 Stellen in der Bahnsparte streichen, vor allem Erlangen ist betroffen.

Mit dem Konzept "Rail on Track" will Siemens die Rendite der Bahntechnik zurück in die Spur bringen. Analysten sind sich einig, dass mit Schienenfahrzeugen nicht das große Geld zu verdienen ist. Sebastian Hein vom Bankhaus Lampe sagt: "Die Margen sind unter Druck." Die Deutsche Bahn hat kürzlich sechs komplette Züge (jeweils eine 190 km/h schnelle Elektro-Lok und sechs Doppelstockwagen) beim tschechischen Hersteller Skoda zum Schnäppchenpreis von rund 110 Millionen Euro bestellt.

Die Chefin der Consultingfirma SCI Verkehr, Maria Leenen, verweist darauf, dass Siemens im Transportsektor vor allem mit Antriebskomponenten, weniger mit kompletten Fahrzeugen gute Gewinne macht. Die Bahn als Kunde mache bei Preis und Lieferzeit erheblichen Druck. Die ständigen Verzögerungen bei der Auslieferung neuer ICE-Züge sind für alle Beteiligten ein stetes Ärgernis. Siemens hat bereits 260 Millionen Euro Risikovorsorge für das Desaster einkalkuliert.

Die Produkte des Krefelder Werks hatten es schon seit Längerem schwer, den hohen Renditezielen des Konzerns gerecht zu werden. Mitarbeiter horchten deshalb auf, als Anfang Juli darüber spekuliert wurde, der aufstrebende Schweizer Konkurrent Stadler interessiere sich für mehr als eine Kooperation.

Über dieses Thema habe die Konzernführung schon mehrfach nachgedacht, so Leenen. Mit dem Wechsel an der Siemens-Spitze von Peter Löscher zu Joe Kaeser sei es sicher wieder auf die Tagesordnung gelangt, der ehemalige Finanzchef sei deutlich rendite-orientierter als Löscher. Nach Angaben eines Siemens-Sprechers beschränkt sich die Zusammenarbeit mit Stadler darauf, dass beide Unternehmen gemeinsam Fahrzeuge für die S-Bahn in Berlin und die Schweizer Bundesbahnen anbieten.

Die Auslastung des Werks in Krefeld ist gut, sogar in einer angemieteten Halle in Goch wird produziert. In Arbeit sind 25 mit dem ICE verwandte Hochgeschwindigkeitszüge für Russland, die Türkei und den Ärmelkanal-Tunnel, zudem stehen große Aufträge für belgische und britische Regionalbahnen sowie die S-Bahn im russischen Olympia-Ort Sotschi in den Büchern. Die nächste Fernzug-Generation der Deutschen Bahn wird ebenfalls von Siemens gebaut: Für die bis 2025 laufende Produktion des "ICx" wird das Werk Krefeld sogar erweitert. Bombardier liefert Komponenten zu.

Anders verhält sich die Deutsche Bahn bei den Regionalzügen. Sie ist bereits Kunde bei Stadler, aber auch bei Firmen in Polen (Pesa) und Spanien (CAF). Jetzt vergrößt Skoda den Kreis der Wettbewerber.

Thomas Becker von der Unternehmensberatung A.D. Little betont, dass sich ein neuer Anbieter aus strategischen Gründen den Eintritt in einen neuen Markt durchaus etwas kosten lässt: "In solchen Situationen sind Rabatte von 30 bis 50 Prozent durchaus üblich." Da ist es schwer mitzuhalten. Becker warnt freilich vor allzu raschen Schlussfolgerungen: "Skoda muss erst die Bewährungsprobe bestehen und das Qualitätsversprechen einlösen."

(RP)
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