Energieerzeugung in Grevenbroich Windtest erprobt neuen Flüster-Rotor

Grevenbroich · Etwas ganz Neues wird zurzeit auf dem Windtestfeld bei Frimmersdorf aufgebaut: Die Windkraftanlage „Vertical Sky  A 32“ ist nach Herstellerangaben besonders leise, einfacher aufzubauen und zu warten. Und sie gefährde weniger Vögel.

 Am Donnerstag wurde der Erste Spatenstich gesetzt.

Am Donnerstag wurde der Erste Spatenstich gesetzt.

Foto: Georg Salzburg(salz)

Ganz anders als herkömmliche Windräder sieht die Anlage aus, sie erinnert eher an einen Funkmast. Auf dem Testfeld des Unternehmens Windtest wurde der Erste Spatenstich für einen neuartigen Rotor gesetzt: Eine 105 Meter hohe Großwindanlage mit Vertikalrotoren und 750 Kilowatt Leistung wird auf der Frimmersdorfer Höhe aufgebaut und ab Herbst fürs Zertifizierungsverfahren getestet.

 Neben der „Vertical Sky“-Anlage wirkt die Freiheitsstatue klein. Deren Gesamtkonstruktion ist immerhin knapp 93 Meter hoch

Neben der „Vertical Sky“-Anlage wirkt die Freiheitsstatue klein. Deren Gesamtkonstruktion ist immerhin knapp 93 Meter hoch

Foto: AGILE WIND POWER AG

Die Technik kommt aus Dübendorf in der Schweiz. Die Firma Agile Wind Power mit 27 Mitarbeitern will ihr neues Produkt, die „Vertical Sky A 32“, auf den Markt bringen. Es gibt höhere und leistungsstärkere Windräder, doch Geschäftsführer Patrick Richter wartet mit anderen Eigenschaften auf. „Unsere Anlage ist im Betrieb drei Mal so leise wie andere, in hundert Meter Abstand liegen wir unter 40 Dezibel“, schildert der 45-Jährige. Damit könne die „Vertical Sky“ näher an Wohnbebauung errichtet werden, eigne sich für dezentrale Stromerzeugung.

Möglich ist damit etwa die Versorgung von Fabriken, Freizeitparks, Schulen oder kleinen Dörfern. Auch Aufbau und Wartung seien einfacher. „Wir benötigen keinen Spezialkran und für den Transport der Teile keine besonders ausgebauten Straßen – damit bietet sich die Anlage für Standorte an, die sonst nicht erschlossen werden können“, erklärt Patrick Richter, der betont: „Wir sehen unsere Technik nicht als Konkurrenz zu Windparks, sondern als Ergänzung.“ Ungewöhnlich anzusehen sind die drei Vertikalrotoren, die sich um eine Achse drehen und denen von Kleinwindanlagen ähneln.

Die Besonderheit bei der „Vertical Sky“ ist dabei aber die Rotorblatt-Pitch-Steuerung“. „4000 Mal in der Sekunde prüft die Steuerung, ob die Rotorblätter optimal zum Wind stehen. Die Stellung wird in Echtzeit korrigiert“, sagt Richter. Dadurch sei ein hoher Wirkungsgrad bei geringer Rotationsgeschwindigkeit möglich. Ein weiterer Vorteil laut Richter: „Es besteht eine um 90 Prozent geringere Gefahr, dass Vögel mit den Rotoren kollidieren.“

Die Idee zu dem Prinzip stammt, wie der Unternehmer erzählt, von seinem Schwiegervater. „Er hatte für seine Enkel im Garten eine kleine Seen-Landschaft geschaffen – und für den Antrieb der Wasserförderung eine Windkraftanlage mit vertikalen, verstellbaren Rotoren gebastelt, da der Wind im Garten häufig wechselte.“ Daraus wurde mehr. Patrick Richter verkaufte seine Anteile an einer IT-Firma und hatte damit Startkapital für die Firma Agile Wind Power.

Der Aufbau der A 32 soll im Herbst abgeschlossen sein. „Danach testen wir die Anlage bei Windgeschwindigkeiten zwischen vier und 15 Metern in der Sekunde. Das kann vier Monate dauern oder ein halbes Jahr“, erklärt Werner Höner-Girnstein, Vertriebsleiter der Windtest Grevenbroich GmbH.

Unterstützt wird das Projekt des Unternehmens unter anderem vom Autohersteller Audi. „Wir möchten unseren Kunden neben dem Fahrzeug auch die Öko-Energie dafür anbieten“, erläutert Reiner Mangold, Leiter Nachhaltige Produktentwicklung. Beim Erdgas-Auto „g-tron“ sei dies bereits schon der Fall, auch beim neuen Elektro-Auto „e-tron“ soll es diese Kombination geben. „Bei der Umweltbilanz ist der Energieträger entscheidender als der Antrieb. Ein mit Kohlestrom aus China fahrendes E-Auto schneidet in der Emissionsbilanz schlechter ab als ein Fahrzeug, das mit Diesel fährt“, erklärt Mangold. Darum wolle das Unternehmen nachhaltige Energietechniken fördern.

Auch andere sind an der neuen Technik interessiert. Laut Patrick Richter ist geplant, entlang der Bahntrassen der Schweizer Bundesbahnen (SBB) Vertikalrotoren aufzustellen und den Strom von dort direkt ins Oberleitungsnetz einzuspeisen.

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