Serie: Agrobusiness Handel mit Pflanzen steht unter Druck

Gelderland · Das Kundenverhalten hat sich geändert. Kleine Abnehmer fühlen sich vom Großhandel benachteiligt.

 Bei Blumen Velmans in Geldern berät Andrea Ververs Oxana Guskov.

Bei Blumen Velmans in Geldern berät Andrea Ververs Oxana Guskov.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Der untere Niederrhein ist Deutschlands stärkster Handelsstandort für Blumen und Pflanzen. Entsprechend ist die Bedeutung für den Arbeitsmarkt im Kreis Kleve. Doch der gesamte Handel bekommt zu spüren, dass die Menschen weniger Pflanzen kaufen.

Johannes Velmans kann die Veränderungen im Pflanzenhandel sehr gut beurteilen. Seit 1972 ist er Inhaber des Blumenfachgeschäftes Velmans in Geldern. Er hat acht Mitarbeiter, bietet Friedhofsgärtnerei, Gartenpflege und Floristik. Besonders bei Zimmerpflanzen merkt er einen starken Rückgang in den Verkäufen, aber auch die Ansprüche an Blumensträuße haben sich verschoben. „Im Alltag sind die Leute mit den preiswerten Bundblumen von der Supermarktkasse zufrieden, da kommen sie nicht mehr zu uns“, berichtet er. Also kann er nicht mehr so viele Floristen beschäftigen. Andererseits sei der Beratungsaufwand gestiegen, wenn dann etwas Besonderes anstehe, etwa bei Beerdigungen. „Früher haben die Kunden telefonisch fünf Kränze bestellt, heute nur einen. Für den aber stehen sie eine halbe Stunde im Geschäft, denn es muss eine ganz bestimmte Farbnuance sein, und bis zum Begleitgrün wird alles exakt vorgegeben“, beschreibt Velmans.

Auch auf der Seite seiner Lieferanten macht sich Velmans Sorgen, konkret über den steigenden so genannten Vertragsanbau der Gärtner. Diese produzieren dabei für feste Großabnehmer, in den „freien Handel“, auf den gerade die kleinen Blumengeschäfte angewiesen sind, kommt laut Velmans weniger und schlechtere Ware. Vom Großhandel wünscht er sich, dass dieser mehr gute Ware auch für kleinere Betriebe bereithält. Sein betriebswirtschaftliches Fazit: „Früher konnten wir den Markt so überblicken, dass wir betrieblich für zehn Jahre vorausplanen konnten. Jetzt geht alles schneller, wir können vielleicht noch fünf Jahre vorausplanen. Immer mehr Betriebe müssten da ihre Geschäfte aufgeben.“

Mit etwas anderen Herausforderungen sieht sich der Großhandel konfrontiert. Man müsse sich durch eigene Sortimente von den Mitbewerbern abheben, erklärt Oliver Kessel, Geschäftsführer des Großhändlers Gasa Group Germany aus Kevelaer. „Durch die steigende Konzentration der Gärtnerbetriebe geht aber die Vielfalt verloren.“ Die Gasa steuere durch grenzüberschreitende Kontakte und gezielte enge Verbindungen zu Lieferanten gegen, um die Sortimente zu erweitern. Aktuell zum Beispiel mit Bioprodukten und Baumschulware. Kessel sieht die Lösung in einer stärkeren Kommunikation der einzelnen Glieder der Handelskette. „Im Grunde bedienen wir alle den gleichen Kunden, sprich den Endverbraucher. Um auch morgen noch erfolgreich zu sein, bedarf es mehr Gespür, Konzepte und Instrumente, um im Sinne des Kunden zu handeln.“

 Hallenleiter Andreas Lörcks mit der Aushilfskraft Hanne Nelson bei Gasa.

Hallenleiter Andreas Lörcks mit der Aushilfskraft Hanne Nelson bei Gasa.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Es gebe durchaus Trends, die dem Blumengeschäft Anschub gäben. Etwa das Thema „Urban Gardening“ oder das neue Interesse an Kräutern und Gemüsepflanzen. Es gebe aber auch genügend Herausforderungen, die kein Unternehmen alleine lösen könne. Den hohen Mangel an Fachkräften zum Beispiel, oder den Klimawandel mit seinen Wetterextremen.

Insgesamt attestiert Kessel dem Kreis Kleve auch für die Zukunft großes Potenzial in Sachen Pflanzenhandel. Der Standort sei sehr gut: inmitten der Produktionsbetriebe, nah am Ruhrgebiet, grenznah und mitten in Europa. „Die Region sollte den Niederrhein als Pflanzenhochburg noch besser vermarkten“, äußert er abschließend einen Wunsch in Richtung der Verbände, Städte und Gemeinden.

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