Fußball Hilflose FCR-Führung

Nach dem 2:1-Sieg gegen Wolfsburg wollte der Vorstand über die Gründe für die Trennung von Martina Voss-Tecklenburg informieren. Der Schuss ging gewaltig nach hinten los. Es kam zum Eklat.

Das relativ bedeutungslose Spiel des Frauenfußball-Bundesligisten FCR 2001 Duisburg gestern gegen den VfL Wolfsburg lockte noch einmal beachtliche 1150 Zuschauer ins Homberger PCC-Stadion. Man darf aber getrost davon ausgehen, dass dieses Interesse weniger dem Auftritt der Mannschaft auf dem Rasen und dem knappen 2:1 (1:0)-Sieg galt, sondern dem Spiel eins nach dem zuvor überraschenden Rauswurf von Trainerin Martina Voss-Tecklenburg, in dem der bisherige Co-Trainer Marco Ketelaer keinen sonderlich überzeugenden Einstand als neuer Cheftrainer erlebte.

Das Öffentlichkeitsinteresse fokussierte sich ohnehin auf die anschließende Medienkonferenz, in der sich Vorstand und Aufsichtsrat den Fragen der Presse stellten. Und Dieter Oster (Vorstand) sowie Joachim Bellinghoven (Aufsichtsrat) hatten einen schweren Stand, die Beurlaubung von Martina Voss-Tecklenburg plausibel im Sinne einer sportlichen Notwendigkeit zu erklären. Zu viele Ungereimtheiten und nicht oder nur unzulänglich beantwortete Fragen vermittelten eher den Eindruck von Hilflosigkeit statt überzeugender Argumente. Oster beispielsweise vermochte nicht zu erklären, wieso man davon ausgegangen war, dass Ketelaer der Mannschaft in den wenigen Wochen bis zum Viertelfinale der Champions League neue Impulse verleihen könne. Denn mit dem bisherigen Assistenten war zuvor darüber kein Gespräch geführt worden. Und auch der neue Cheftrainer hatte diesbezüglich nur den Allgemeinplatz zu bieten, dass die Mannschaft ihre Qualitäten bislang unzureichend umgesetzt habe und er sich darüber Gedanken machen müsse, wie das zu ändern sei. Auch die verteilte schriftliche Erklärung des Aufsichtsrates vermochte inhaltlich kaum zu überzeugen.

Zum Schluss verlas Spielführerin Inka Grings ein Statement der Mannschaft, in dem u.a. Martina Voss-Tecklenburg für ihre Arbeit gedankt wurde. Fragen nach der Notwendigkeit der Trainerin-Entlassung aus ihrer und Sicht der Mannschaft entzog sich die Nationalspielerin, die aber in Gesprächen zuvor schon deutlich gemacht hatte, dass sie diese Entscheidung nicht nachvollziehen könne.

Für die größte Diskrepanz sorgte ausgerechnet die geschasste Ex-Trainerin, die anschließend vor dem Presseraum den staunenden Journalisten erklärte, dass Dieter Oster glatt gelogen hätte, als er wenige Minuten zuvor erklärt hatte, über eine Vertragsverlängerung mit der Trainerin sei Ende November ein Vertragsentwurf erstellt worden, seitdem hätte sich diesbezüglich nichts mehr getan. Martina Voss-Tecklenburg bekräftigte im Gegenzug, dass ihr am 11. Februar per E-Mail ein Vertragsentwurf zugegangen sei, in dem nur noch die finanzielle Regelung offen war. Voss-Tecklenburg bekräftigte noch einmal, dass sie auch zu verminderten Bezügen weitergemacht hätte.

Unerwähnt blieb, dass der FCR offenbar in schweren finanziellen Schwierigkeiten steckt. Dieter Oster erwähnte aber, dass man auch daran denken müsse, dass sich sinkende spielerische Attraktivität und Erfolge negativ auf das Sponsoring auswirken könnten.

(RP)
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