Bahnchaos EVG-Streik legt den Bahnhof lahm

Duisburg · Am Montagmorgen liefen sich am Duisburger Hauptbahnhof wartende Fahrgäste und streikende Bahner über den Weg. Einige Pendler waren wütend, der Großteil nahm die Probleme aber gelassen hin.

 Um kurz nach sechs machten sich die EVG-Mitglieder durch den Hauptbahnhof auf den Weg zur Kundgebung am Bahnhofsvorplatz. Auf der Anzeigetafel im Hintergrund war später nichts mehr zu sehen. Der Zugverkehr in und um Duisburg war gegen 8 Uhr komplett eingestellt.

Um kurz nach sechs machten sich die EVG-Mitglieder durch den Hauptbahnhof auf den Weg zur Kundgebung am Bahnhofsvorplatz. Auf der Anzeigetafel im Hintergrund war später nichts mehr zu sehen. Der Zugverkehr in und um Duisburg war gegen 8 Uhr komplett eingestellt.

Foto: dpa/Chrstoph Reichwein

Am Montagmorgen gibt es im Duisburger Hauptbahnhof viele lange Gesichter. Der Blick auf die große Anzeigetafel in der Haupthalle der Bahnstation sorgt bei den wartenden Pendlern für Ernüchterung. Wo sonst zig Zugverbindungen angezeigt werden, flimmert nur das dunkle Hintergrund-Blau über die großen Bildschirme. Nach etwa fünf Minuten Ratlosigkeit verschafft eine Durchsage den Wartenden etwas Gewissheit: „Wegen eines Streiks der EVG verkehren vom Duisburger Hauptbahnhof aus bis etwa 9 Uhr keine Züge. Wir bitten um Entschuldigung.“ Ein Geschäftsmann in braunem Wollmantel mit Aktentasche schnaubt wütend. „So ein Mist“, brüllt er in sein Handy. „Ich komme hier nicht weg. Streik. Schauen Sie mal bitte, ob Sie meine Vormittagstermine verschieben können.“

Der Warnstreik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat am Montagmorgen den Zugverkehr in weiten Teilen Deutschlands lahmgelegt. Ruhrgebiet und Rheinland waren besonders betroffen. Allein am Standort Duisburg waren nach Angaben der EVG rund 400 Kollegen aus den Stellwerken und von der Güterverkehrsbetreuung im Ausstand. Neben dem Fernverkehr stand in der Region auch der komplette Regionalverkehr über Stunden still.

Anders als der gestresste Geschäftsmann gehen viele Pendler am Duisburger Bahnhof an diesem Morgen entspannt mit der Situation um. Überall in der Bahnhofshalle sitzen Menschen und warten – auf den dafür vorgesehen Wartesitzen, aber auch auf dem Boden, oder auf ihren Gepäckstücken. Vor der Bäckerei in der Haupthalle wartet ein junger Mann und grübelt über Lehrmaterialien für die Uni. Aus den weißen Kopfhörern, die er um den Hals trägt, ist Rockmusik zu hören. „Ach wissen Sie“, sagt der Student, der sich als Sven Bultke vorstellt. „Wenn man ständig mit der Bahn fährt, ist man an so etwas doch schon gewöhnt.“ Er finde es wichtig, dass Arbeitnehmer die Möglichkeit bekämen, ihre Interessen durchzusetzen. „Wenn die nicht streiken dürften, hätten die doch kein Druckmittel.“ Natürlich sei die Situation für die Pendler ärgerlich. „Aber es kommen auch wieder andere Tage.“

Rund 100 Meter Luftlinie von Bultke entfernt ist die Stimmung dagegen kämpferisch. Auf dem Bahnhofsvorplatz haben sich Mitglieder der EVG zu einer Kundgebung versammelt, um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen. Neben einer Lohnerhöhung geht es ihnen vor allem auch um Freizeitausgleich und Wertschätzung. Blau-weiße Fahnen mit EVG-Schriftzug wehen im schneidend kalten Wind. Die rund 200 Bahner machen Krach mit Trillerpfeifen. Dicke Jacken, gelbe Westen, Mützen und Schals sind die Kleidung der Wahl.

Auch Jürgen Brügmann hat sich dieser Art gegen die Kälte gerüstet. „Wir haben heute ein kraftvolles Zeichen gesetzt, dem sich die Bahn-Geschäftsführung nicht entziehen kann“, sagt der Leiter der Duisburger EVG-Niederlassung. „Der Streik ist leider nicht zu vermeiden gewesen. Wir haben in den Verhandlungen Zeichen der Wertschätzung seitens des Arbeitgebers vermisst. Nun werden die Kollegen eher geneigt sein, uns zuzuhören.“

Gegen halb 10 Uhr löst sich das Chaos langsam auf. Auf den Anzeigebildschirmen in der Haupthalle tauchen die ersten Verbindungen auf, und aus wartenden Bahnkunden werden nach und nach wieder hetzende Pendler. Auch Student Bultke packt seine Kopfhörer ein, nickt einmal grüßend und macht sich auf in Richtung Zug. Auf dem Weg dreht er sich noch einmal um, lächelt und ruft: „Bis zum nächsten Mal.“

(th)
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