Literatur-Tausch in Düsseldorf Werke von Scientology im öffentlichen Bücherschrank

Düsseldorf · Immer wieder tauchen Bücher der Sekte in der privaten Tauschbibliothek auf. Die Paten entfernen sie, sobald sie diese entdecken.

 Großer Andrang bei der Eröffnung des Bücherschranks am Rhein.

Großer Andrang bei der Eröffnung des Bücherschranks am Rhein.

Foto: RP, Thomas Bußkamp

Die vier Düsseldorfer Bücherschränke sind eine Erfolgsgeschichte. Dank dieser Einrichtung, die zum Bücherbummel vor zwei Jahren ihren Anfang nahm, findet an den Standorten am Friedensplatz und am Schillerplatz, am KIT und in Gerresheim nicht nur ein reger literarischer Austausch mit gebrauchten Büchern statt; diese unkonventionellen privaten Tauschbibliotheken sind mittlerweile auch beliebte Treffpunkte und Stätten des munteren Austauschs unter Gleichgesinnten geworden.

Die Akzeptanz ist so groß, dass bisher an den öffentlichen Schränken auch kaum Spuren von Vandalismus auftraten. Dagegen droht jetzt eine andere Gefahr: eine Art intellektueller Vandalismus. So tauchen im Bücherschrank am Schillerplatz in regelmäßigen Abständen Bücher mit scientologischem Inhalt auf, wie seit geraumer Zeit Ingrid Fuxen feststellen muss. Sie ist eine der Paten dieses Schranks und begutachtet fast täglich das aktuelle literarische Angebot.

Das Bedenkliche ist nun: Kaum hat sie ein Buch der Sekte entfernt, findet sich nach kurzer Zeit ein neues im Schrank. An Zufall mag man kaum glauben, eher an eine gezielte Kampagne jener Organisation, die sich als neue Religion verstanden wissen will und wegen ihrer Praktiken vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Dass die Paten solche Schriften jetzt entdeckt haben, ist zwar bedenklich, zeugt aber auch davon, wie gut das System der Bücherschrank-Pflege funktioniert.

Der gezielte Eingriff der Paten ist darum auch keine Art von Zensur, sondern eine der Paten-Aufgaben, so Maren Jungclaus vom Literaturbüro NRW. So sollen nach ihren Worten Bürger, die die Bücherschränke fast täglich kontrollieren, vor allem nach jugendgefährdenden Schriften Ausschau halten, nach Büchern mit pornografischem Inhalt und einer Literatur, die rechtsradikal oder allgemein ideologisch gefärbt ist. Dazu gehören nicht die Bibel und der Koran.

Die Paten haben das Recht, vermeintlich gefährliche Werke zu entnehmen. In Zweifelsfragen gibt es die Möglichkeit, Rücksprache mit den Fachleuten des Literaturbüros zu halten. Natürlich kann das auch eine Gratwanderung sein, im vorliegenden Fall mit Scientology-Büchern aber wurde bewiesen, wie aufmerksam die Paten sind.

(anch/top)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort