Düsseldorf Was macht die Biene, wenn's friert?

Düsseldorf · Im Sommer haben die Bienen vom Südfriedhof noch prämierten Honig produziert, doch im Winter bleiben sie lieber zu Hause.

 Uwe Plath hat einen der Kästen geöffnet, in denen die Bienenvölker wohnen. Auf viel Bewegung haben die Insekten gerade keine Lust.

Uwe Plath hat einen der Kästen geöffnet, in denen die Bienenvölker wohnen. Auf viel Bewegung haben die Insekten gerade keine Lust.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Wenn es auf den Winter zugeht, haben Menschen und Bienen andere Sorgen. Der Mensch fragt sich vorrangig: Finde ich rechtzeitig alle Weihnachtsgeschenke? Das Bienenvolk hingegen bangt: Wird es uns im Frühjahr noch geben?

 Der Honig wurde mit der Goldmedaille ausgezeichnet.

Der Honig wurde mit der Goldmedaille ausgezeichnet.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Auch die Bienen des Lehrbienenstandes am Südfriedhof haben sich nun in den Wintermodus begeben. Der Düsseldorfer Imkerverein Apidea mellifica hat diesen Stand auf dem Kleingartengelände "Sonniger Süden" eingerichtet. 30 bis 40 Völker leben dort in ihren Kästen, den Magazin-Beuten. Im Sommer haben die Bienen sauber abgeliefert und einen Honig hergestellt, den der Imkerverband Rheinland im Oktober mit der Goldmedaille ausgezeichnet hat. Diese Auszeichnung erhielt in diesem Jahr kein anderer Honig aus Düsseldorf. 113 von 115 Punkten erreichte der Honig, wobei Geschmack und Geruch ein eher zweitrangiges Kriterium sind. Wichtiger sind die Reinheit des Honigs und der Wassergehalt. Je weniger Wasser, desto besser. 50 Kilogramm wurden produziert und von den Imkern verkauft.

Nun aber, wo die Temperatur keine zehn Grad mehr erreichen, ist das abwechslungsreiche Bienenleben vorbei. Ein Flug bei Wintertemperaturen könnte tödlich enden, es gibt ohnehin keinen Nektar und keine Pollen mehr zu erbeuten. Deshalb herrscht nun Winterruhe unter den Bienenvölkern. Wenn Uwe Plath, 71, Vorsitzender des Imkervereins, nun das Grundstück betritt, dann lässt er die Kästen geschlossen, das bringt bloß Unruhe ins Volk. Gerade eben hat er einen Imker-Newsletter erhalten, in dem es heißt: "Im Übrigen sind die Völker jetzt der verdienten Winterruhe zu überlassen." Aber er hat auch so genug zu tun: Honig verkaufen, zu alte Waben auskochen, um Bienenwachs zu gewinnen, Tütchen mit Blütenmischungen abfüllen, die im Stadtgebiet an die Düsseldorfer verteilt werden, auf dass dann Bienenweide entstehe.

Es ist eine reine Frauengesellschaft, die sich zu dieser Zeit im Bienenstock versammelt hat. Die Drohnen, die männlichen Bienen, haben ihre einzige Aufgabe bereits im Sommer erledigt: die Besamung der Königin. Die Drohnen, die erfolgreich waren, sind gleich nach der Samenabgabe gestorben. Mit denen, die danach noch im Volk verblieben, haben die Bienen kurzen Prozess gemacht und sie in der so genannten Drohnenschlacht aus dem Bienenstaat gejagt. Schließlich nahmen sie bloß Platz und Futter weg. Der Ausschluss aus dem Volk bedeutet meist ihr baldiges Ableben. Die Dienste der Drohnen sind erst wieder im Frühjahr gefragt.

Das Bienenvolk ist im Winter deutlich kleiner als im Sommer. Statt 60 000 sind es nun noch höchstens 15000 Bienen, die sich zu einer Traube zusammenschließen und sämtliche Arbeiten einstellen. Die Königin legt keine Eier mehr, die anderen Bienen fliegen nicht mehr aus und sammeln Nektar und Pollen, sie bauen keine Waben mehr, sie ziehen keinen Nachwuchs mehr auf und sie bewachen auch den Bienenstock nicht mehr. Schließlich müssen sie Energie sparen und von den Vorräten leben, die sie im Sommer angelegt haben, und dem Stärkesirup, den ihnen die Imker zum Ausgleich für den entnommenen Honig geben. Sie bewegen sich nun nur gerade so viel, dass sie nicht erfrieren. Ihre Körpertemperatur können sie von 37 Grad bis auf 17 Grad herunterfahren. Hilfreich sind auch die Fettpolster, die nur die Winterbienen anlegen können. Zwar erleben sie nicht so viel wie eine Biene im Sommer, haben dafür aber eine längere Lebenserwartung. Statt bis zu sechs Wochen können es nun mehrere Monate werden. Die Bienen, die im Sommer den Gold-Honig produziert haben, sind also längst verstorben.

Das Leben der Winterbiene ist üblicherweise monoton, aber nicht ohne Gefahren. Da ist die Maus, die in den Bienenstock krabbeln kann, die Pollen und den Honig frisst und die letzten Eier. Die Unruhe sorgt dafür, dass die Bienen ihren Körper gleich wieder auf 37 Grad hochfahren und damit wieder mehr Energie verbrennen. Damit das nicht passiert, sind die Eingänge der Bienenstöcke durch Drähte geschützt. Doch auch Krankheiten drohen. Die Bienen verdauen auch im Winter und sammeln das in ihrer Kotblase. Die aber entleeren sie nur im Freien, weil sie die Waben sauberhalten wollen. Doch wenn es keinen Wintertag gibt, der einen kurzen Flug zulässt, ist die Gefahr groß, dass sie die Ruhr bekommen. Das rafft schnell ein ganzes Volk dahin.

Die größte Gefahr ist kaum einen Millimeter groß: die Varroamilbe, auch sehr angemessen Varroa destructor genannt. Eingeschleppt in den 1970ern setzt sich dieser Parasit auf Larven und erwachsene Bienen und ernährt sich von ihnen. Die Biene verliert Gewicht, lebt kürzer. Am gefährlichsten an den Milben aber sind die Viren, die sie mit sich bringen. Eines sorgt dafür, dass die Bienen nicht mehr zurück zu ihrem Bienenstock finden. Die Imker versuchen nach der letzten Honigernte, den Schädling mit Oxal- und Ameisensäure zu bekämpfen, aber wenn ein paar Milben überleben, reicht das schon, um eine neue Population aufzubauen.

Erst im Januar kommt wieder Bewegung in den Bienenstaat. Dann beginnen die Vorbereitungen. Für den nächsten Goldhonig.

(RP)
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