Warenhauskonzern: Galeria schließt 16 seiner 92 Warenhäuser
EILMELDUNG
Warenhauskonzern: Galeria schließt 16 seiner 92 Warenhäuser

Heiraten in Düsseldorf Lieb und teuer

Düsseldorf · Im September heiraten in Düsseldorf die meisten Paare – 12.000 Euro kostet eine Hochzeit im Schnitt. Die Vorstellung im „engsten Kreis“ zu feiern ufert oft zu einer professionellen Veranstaltung mit 100 Gästen aus - dank der Verlockungen der Heiratsindustrie.

 Silke Rodehüser hat einen ganz eigenen Brautmodenstil für ihr Label Isi Lieb entwickelt.

Silke Rodehüser hat einen ganz eigenen Brautmodenstil für ihr Label Isi Lieb entwickelt.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Der September ist der neue Wonnemonat, er hat den Mai längst in seinen Schatten gestellt. In keinem anderen Monat heiraten in Düsseldorf so viele Paare wie auf der Schwelle vom Sommer zum Herbst: 329 werden es in diesem September sein. Und sie alle wünschen sich einen einzigartigen Tag, das schönste Brautkleid, die spektakulärste Location, die tollsten Fotos. Kurz: ein Event der Superlative. Und danach eine unvergessliche Reise, die kommt noch – wie Sahnetupfer auf der Hochzeitstorte – obendrauf. Das alles ist Paaren (oder deren Eltern) lieb und teuer. Eine Durchschnittshochzeit kostet heute 12.000 Euro. Der schönste Tag im Leben, er ist oft auch der teuerste.

Stefan Grützmacher weiß, was Brautpaare wollen, Hochzeiten sind sein Business. Seit Jahren findet er als Hochzeitsredner die richtigen Worte für zwei, die sich zwar eine festliche Zeremonie wünschen, aber nicht in einer Kirche heiraten wollen. Dabei erlebt er oft, mit wie viel Aufwand und Stress der Weg ins Standesamt und/oder zum Altar gepflastert ist. Die Erkenntnisse dieser Zeit brachten ihn auf eine Idee und zu einer Geschäftsgründung: „Yeswedo“ – eine App, auf der Brautpaare kostenlos Dienstleister aller Art finden – von Einladungskarten bis zur Kinderbetreuung während der Trauung.

Er gründete sein Start-up im Februar 2017 (am Valentinstag!), der Erfolg in diesen eineinhalb Jahren aber hat ihn dann doch überrascht: mehr als 25.000 Paare aus ganz Deutschland haben sich mittlerweile auf der App registrieren lassen und darüber Kontakte für das Fest der Feste gesucht: Location (vom Hausboot bis zum Schlosshotel), Brautkleid, Musik, Fotografen, Limousinen-Service, Hochzeitstorte: Viele verdienen am Bund der Liebe, „das ist ein ständig wachsender Markt“, sagt Stefan Grützmacher.

Denn Hochzeiten werden aufwändiger denn je gefeiert, „ein Trend, der uns längst aus Amerika erreicht hat.“ Und da jeder Moment nicht nur festgehalten, sondern auch sofort veröffentlicht wird, entsteht geradezu ein Wettkampf: Die eigene Hochzeit soll noch ein bisschen exklusiver werden als die der Freunde, bei denen man neulich gefeiert hat. So wachsen die Ansprüche. „Außerdem heiraten die meisten heute erst um die 30 und verdienen längst eigenes Geld“, meint Grützmacher.

Wie Lisa und Thomas, die im Mai „Ja“ zueinander gesagt haben: Trauung im Altenberger Dom, Feier im Landgasthof, Hochzeitsreise nach Hawaii – unter dem Motto „Ein Mal im Leben“. 10.000 Euro hat ihr Fest gekostet, inklusive der 1700 Euro für den DJ. Das Brautkleid war dagegen mit 600 Euro fast ein Schnäppchen (und wurde von ihren Eltern spendiert), der Anzug des Bräutigams hat 500 Euro gekostet. Alles zusammen, am Durchschnitt gemessen, eine nahezu preiswerte Hochzeit, wäre da nicht der Honeymoon deluxe gewesen, denn die Reise nach Hawaii war ihnen 8000 Euro wert.

Lisa und Thomas hätten sich sicher auch einen anderen Ort als den Landgasthof für ihren großen Tag vorstellen können – aber der war schon viele Monate ausgebucht – und ist es auch das komplette nächste Jahr. Wir haben es uns trotzdem angeschaut, das „La Dü“ in Heerdt. Nie gehört?

 Hung Bui hat mit restaurierten Kirchenbänken sogar eine „Kapelle“ im „La Dü“.

Hung Bui hat mit restaurierten Kirchenbänken sogar eine „Kapelle“ im „La Dü“.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Kein Wunder, denn dieser Zauberort an der Krefelder Straße versteckt sich hinter einer unscheinbaren Fassade, kein Namensschild, keine Werbung. Nur ein schmaler Eingang führt zu einem verwunschenen Garten mit Palmen und Eukalyptus, Bambus, Feigen und 200Hortensien. In einem Teich ziehen träge Goldfische ihre Bahnen, unbeeindruckt vom Spektakel der Menschen. Eine üppig wuchernde Oase, dazwischen versteckte Tische für romantische Sommerabende, die man mittwochabends auch ganz ohne Ja-Wort genießen kann. Ausschließlich dann ist das „La Dü“ nämlich ein normales Restaurant, viele Paare nutzen den Abend zum Testessen.

Die verschiedenen Räume sind eingerichtet mit dem morbiden Charme der Vergangenheit und könnten die Ausstellungsfläche einer Brocanterie sein. Der Eindruck täuscht nicht: Fast jedes Stück ist zu erwerben wie die voluminösen Elch- und Hirschköpfe an den Wänden, die Koffersammlung auf einer hell-türkisen Garderobe, die Kronleuchter. Hung Bui, (weißes Hemd, Strohhut) Wirt und Zeremonienmeister dieses Ortes, geht voran „zu unserer Kapelle“, die hat er erst kürzlich in den Garten gebaut, mit alten Kirchenbänken, die er restaurieren ließ. Immer freitags und samstags lassen sich hier Paare trauen, Ja-Sager im Schein der Kerzen, beflügelt von Jesus, Maria und einer Engelsschar. Die sind in jeder Nische gegenwärtig, entdeckt auf irgendeinem Flohmarkt und bei Kirchenauflösungen – Trauzeugen in Gips und Stein.

„Eine perfekte Kulisse“, findet Bina Terré. Die Fotografin hat im „La Dü“ schon viele Hochzeiten mit ihrer Kamera begleitet. Früher mag es üblich gewesen sein, das Brautpaar nach der Trauung mal schnell vor der rosa Barockfassade von Schloss Benrath (wo an Sommersamstagen auch heute noch regelmäßig Brautpaar-Stau herrscht), abzulichten. Eine halbe Stunde Fotoshooting, das war‘s. Heute wird Bina Terré für acht Stunden und länger gebucht, dokumentiert alle wichtigen Momente des Tages und liefert schließlich eine komplette Fotoreportage – vom ersten Pinselstrich des Braut-Makeups bis zum Tanz am späten Abend.

Für ihre Fotos nach der Trauung nutzt sie gern das Licht in der Natur – und den Moment der Stille. „Ich bekomme oft mit, dass Brautpaare an ihrem Hochzeitstag ziemlich unter Druck stehen, um es allen recht zu machen. Wenn ich sie dann vielleicht auf einer blühenden Wiese fotografiere, dann erleben sie diesen Augenblick nur für sich.“ Manchmal geht sie auch mit Paaren, die ihren Hochzeitstag allein genießen wollen, auf Reisen. Demnächst fliegt sie auf die Seychellen – als einzige Begleiterin des Glücks. Und neulich war sie in Venedig: Da feierte ein Brautpaar mit 60 Gästen – drei Tage Amore-Marathon am Canal Grande. Die Fotos werden anschließend in einer Online-Galerie veröffentlicht, auf die alle Gäste ein Jahr lang Zugriff haben.

 Bina Terré reist als Hochzeitsfotografin auch schon mal mit in den Honeymoon.

Bina Terré reist als Hochzeitsfotografin auch schon mal mit in den Honeymoon.

Foto: Ute Rasch

Und was trägt die Braut – ob ihre Robe nun im Koffer dem großen Tag entgegenreist oder in Düsseldorf aus dem gemieteten Cabrio steigt? Die Frage führt direkt in die Altstadt, in das Atelier Isi Lieb an der Akademiestraße. Die Designerin Silke Rodehüser, die hinter dem Label steckt, hat einen ganz eigenen Stil der Brautmode entwickelt, jenseits aller Rüschen-Romantik. „Zu mir kommen Frauen, die sich an ihrem Hochzeitstag nicht verkleidet fühlen wollen.“ Für diesen Braut-Typ entwirft sie elegante Zweiteiler mit fließenden Röcken und Spitzenoberteilen. Mode für mehr als einen Tag. Die Röcke lassen sich kürzen, die Oberteile auch gut zum Kostüm tragen. Und für die kühle Jahreszeit hat sie wärmende, kurze Boleros mit Seidenbändern entworfen, die ohne Schleife alltagstauglich sind.

In einem solchen Kleid hat Justina (32) an einem Septembertag 2017 ihren Liebsten geheiratet. Allein sind die beiden zum Standesamt gegangen, um ohne Zuschauer den Moment zu genießen. „Wir wollten eigentlich anschließend auch im kleinen Kreis feiern“, dann aber lernte das Paar die Tücken des Wortes „eigentlich“ kennen, denn es entdeckte während der Planung seine wahren Wünsche: ein großes Fest mit 100 Gästen. „Unvergesslich!“

Auch, weil das Düsseldorfer Duo „Soulmates“ ihre Hochzeit mit musikalischen Glanzlichtern schmückte. Sie haben sich auf Hochzeiten spezialisiert: Jea und Justin Assiamah, sie mit einer wunderbaren Stimme gesegnet, er Gitarrist und Schlagzeuger. Auf Wunsch begleitet das Paar ein Fest von der Trauung am Morgen (da fließen dann schon bei den ersten Tönen die Tränen) bis zur Party am Abend. „Für uns ist das wunderbar, dass wir durch unsere Musik dazu beitragen, solche Momente noch emotionaler zu gestalten“, meint Jea. Am letzten Wochenende waren sie bei einer großen Hochzeit in Österreich, auch in der Schweiz und Spanien sind sie öfter im festlichen Einsatz. Sie kennen sich, seitdem sie 14 sind, haben immer zusammen Musik gemacht und vor vier Jahren geheiratet, „natürlich mit Party und Livemusik bis zum nächsten Morgen“.

 Jea und Justin Assiamah sind „Soulmates“ und auf Hochzeitsmusik spezialisiert.

Jea und Justin Assiamah sind „Soulmates“ und auf Hochzeitsmusik spezialisiert.

Foto: Ute Rasch

Das Fest ist vorbei, die Hochzeitsreise wie im Flug vergangen, bleibt nur noch eine Kleinigkeit: der Dank an die Gäste. Selbstverständlich gibt‘s auch für die „Wedding-Papeterie“ Spezialisten, die den gedruckten Part der Hochzeit übernehmen: Einladungskarten, Menükarten, Danksagungskarten. Das ist die Spezialität von Ufuk Yildirim in seinem „Home of Cards“ an der Inselstraße, nicht weit entfernt vom Düsseldorfer Standesamt. Neu in seinem Sortiment: Das Hochzeitspaar aus dem 3-D-Drucker, das die Torte schmückt. Außerdem forciert er einen Trend: das Gastgeschenk. Da bekommen zum Schluss des Festes die Gäste noch ein Präsent mit auf den Heimweg, je origineller umso besser. Im Schaufenster von Ufuk Yildirim ist gerade ein Schiff vor Anker gegangen – gefüllt mit kleinen Pralinen-Päckchen. Für den letzten süßen Moment.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort