Solingen Sohn und Freund weiter in Haft

Solingen · Die beiden in London inhaftierten Solinger Terrorverdächtigen Robert B. und Christian David E. bleiben nicht nur in Haft, ihr Verfahren wurde auch an den nächsthöheren Gerichtshof Old Bailey verwiesen.

 Marlis B. mit einem Bild ihres Sohnes aus glücklicheren Zeiten. Sie hofft, ihn nächste Woche in London zu sehen.

Marlis B. mit einem Bild ihres Sohnes aus glücklicheren Zeiten. Sie hofft, ihn nächste Woche in London zu sehen.

Foto: Stephan Köhlen

Marlis B. versagt am Telefon beinahe die Stimme. Für die sonst so gefasste Frau ist mit der von der Morgenpost überbrachten Nachricht, dass ihr 23-jähriger Sohn in London in Haft bleibt, eine letzte Hoffnung zerplatzt. Die hatte sie bis zum Schluss gehabt, sich so sehr gewünscht, dass ihr Robert zurück nach Deutschland und, wie sie sagt, "zur Besinnung kommt". Doch jetzt bleiben er und der 28-jährige Christian David E. nicht nur in Haft, ihr Fall wurde auch an ein nächst höheres Gericht verwiesen, das folglich auch höhere Strafen verhängen kann. Denn das, was den beiden Solinger Islamisten vorgeworfen wird, kann mit einer Strafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden. Nach den im Jahr 2000 in Kraft getretenen Anti-Terrorgesetzen in Großbritannien ist bereits der Besitz von Unterlagen zur Vorbereitung eines terroristischen Anschlages mit sehr hohen Strafen belegt.

Mit dem Fall der beiden aus Solingen stammenden Islamisten, die am 15. Juli bei der Einreise nach London festgenommen worden waren, hatte sich gestern bei einem Haftprüfungstermin der Londoner Magistrates Court der City of Westminster beschäftigt. Robert B. und Christian David E. blieben im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, von wo aus sie über eine Videoschaltung an der nur fünf Minuten dauernden Verhandlung teilnahmen. Ihre Pflichtverteidiger waren nur per Telefon zugeschaltet.

Klar ist seit gestern nicht nur, dass die beiden Terrorverdächtigen in Haft bleiben, sondern auch, dass es eine weitere Anhörung am 26. September vor einem höheren Gericht geben wird. Das Verfahren wurde gestern vom Magistrates Court, vergleichbar mit dem deutschen Amtsgericht, an den Strafgerichtshof Old Bailey verwiesen, dem High Court, der in erster Instanz alle sehr wichtigen Fälle verhandelt.

Für Marlis B. ist der Gedanke, dass ihr Sohn noch länger in Untersuchungshaft bleibt und ihm möglicherweise eine langjährige Haftstrafe droht, nur schwer erträglich. "Der geht zugrunde im Gefängnis, der ist nicht so stark wie ich", sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Was es bedeutet, eingesperrt zu sein, weiß die 57-jährige Mutter des Inhaftierten selbst am besten. In der DDR saß sie in Haft, bevor sie von der Bundesrepublik freigekauft wurde und 1985 erst nach Gießen und Unna und später nach Solingen kam. Hier lernte sie den Vater von Robert B. kennen, der starb, als der Sohn 13 Jahre alt war. Dies war der Punkt, als Robert B. den Halt verlor, vermutet die Mutter, die zuletzt keinen Kontakt mehr zu dem 23-Jährigen hatte. Den hofft sie nun in der nächsten Woche wieder aufzunehmen. Rechtsanwalt Burkhard Benecken wurde eine Besuchserlaubnis in Aussicht gestellt. Bekommt er die, will er Anfang kommender Woche mit Marlis B. nach London reisen. Dann wird sich auch entscheiden, ob ihn Robert B. zu seinem Wahlverteidiger bestellten wird.

Strafverteidiger Burkhard Benecken erfuhr erst gestern am späten Nachmittag von dem Ergebnis der Anhörung in London. "Ich bin erstaunt bis entsetzt, wie in England mit Beschuldigten umgegangen wird", sagt er. Die Anhörung habe nur fünf Minuten gedauert, die beiden Solinger Beschuldigten seien nur per Video aus dem Gefängnis zugeschaltet gewesen, die Pflichtverteidigerin von Robert B. nur per Telefonschaltung.

Benecken hat inzwischen einen Brief an Robert B. geschrieben und er hofft nun, dass dieser als Verteidigerpost von den britischen Behörden anerkannt und weitergeleitet wird. Was die Besuchserlaubnis angeht, ist der Strafverteidiger zuversichtlich, dass noch in dieser Woche eine Entscheidung fällt.

(RP/jt)
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