Kommentar zur „No-Show“-Gebühr Wirte sollten ihre Gäste nicht bestrafen – es gibt Alternativen

Meinung | Düsseldorf · Eine Gebühr für nicht wahrgenommene Tischreservierungen, eine Strafzahlung für volle, zurückgegebene Teller am All-you-can-eat-Büfett: So reagieren Gastronomen auf inakzeptables Gästeverhalten. Verständlich, doch sollte die Gastronomie ihren Gästen nicht zu viel zumuten.

Eine Strafgebühr für Kunden, die ihre Reservierungen nicht wahrnehmen? Das Konzept ist in der Gastronomie-Branche umstritten.

Eine Strafgebühr für Kunden, die ihre Reservierungen nicht wahrnehmen? Das Konzept ist in der Gastronomie-Branche umstritten.

Foto: dpa/Marcus Brandt

Ein Restaurant in Düsseldorf-Flingern führt für Gäste, die reservieren und dann nicht erscheinen oder zu spät absagen, eine Strafzahlung ein. Und erst kürzlich sagte eine Düsseldorfer Hotel-Direktorin, die häufig unter den Absagen von Messegästen leidet, sie plane, eine sogenannte „No-Show“-Gebühr von 150 Euro pro Gast zu erheben. Laut einer Erhebung des Branchenverbands Dehoga NRW erhebt mittlerweile jeder neunte Gastronomiebetrieb in NRW eine solche Gebühr – als Reaktion auf die steigende Zahl von fernbleibenden Gästen, die zuvor reserviert hatten.

Die Gastwirte wollen durch die Zahlungen ihre entstandenen Verluste zumindest teilweise kompensieren und zugleich manchem Gast eine Lektion erteilen. Denn eine fehlende Kinderstube darf nicht zu Lasten von Anbietern gehen, die ohnehin in einem schwierigen Marktumfeld handeln. Der Ärger der Branche über zunehmend respektlose Kunden, die sich nicht mal die Mühe machen abzusagen, ist verständlich. Und auch eine Gebühr für Gäste zu erheben, die ihre gut gefüllten Teller mit wertvollen Speisen zurückgeben, wie es zuletzt ein Asia-Restaurant in Wilhelmshaven tat, erscheint logisch. Oft bewegen gerade steigende Kosten für Energie und Lebensmittel die Betreiber zu diesem Schritt. Der Branchenverband Dehoga selbst wehrte ab und sprach von Einzelfällen, die allesamt aus dem All-you-can-eat-Bereich stammten.

So ärgerlich so ein Gästeverhalten ist, es gibt Alternativen zu Strafzahlungen und Gebühren. So kann ein Restaurant ganz auf Reservierungen verzichten. Die Gäste müssen sich danach frühzeitig einfinden. Wer er nicht so rabiat mag, der kann auch die Regel einführen, eine Reservierung nach einer Zeitspanne von etwa 15 Minuten verstreichen zu lassen, wie es viele Restaurants bereits tun. Der Betreiber kann sich auch die Adresse und Telefonnumer geben lassen und den Gast bei Nichterscheinen anrufen. Das schreckt viele No-Shows ab. Wer lässt sich schon gerne tadeln.

Bei Gästen, die volle Teller in All-you-can-eat-Restaurants zurückgeben, hilft ein Tadel vor Publikum auch häufig und schreckt andere ab. Große Schilder, in denen die Büffetgänger aufgefordert werden, ihre Teller nicht zu überladen, werden von Gästen auch freundlicher aufgenommen als Strafzahlungen. Besonders gierige Gäste sollten vielleicht auch eine Belehrung des Empfangschefs erhalten. Das wirkt stärker als viele annehmen.

Der Vorstoß der Restaurantbetreiber kaschiert zudem, dass manche Probleme hausgemacht sind. Selbst gute Gaststätten kümmerten sich nicht ausreichend um ihre Fachkräfte. Während der Pandemie wurden viele entlassen, obwohl es Kurzarbeitergeld gab. Zugleich haben viele Gastwirte nach der Wiedereröffnung schnell Hilfskräfte eingestellt, die nicht ausreichend qualifiziert wurden. Abläufe eintrainieren oder einige Anweisungen geben, erfordert keine lange Ausbildungszeit. Zumindest für die ersten Handreichungen. Und man hätte Corona nutzen können, um insgesamt Abläufe zu optimieren und zu verbessern.

Der Bund hat der Gastronomie geholfen. Noch bis Ende des Jahres ist die Mehrwertsteuer auf sieben Prozent reduziert. Nach dem Ende der Lockdowns in der Pandemie wurden den Gastronomen erlaubt, ihre Außenbereiche stark zu erweitern. Die Bundesregierung hat bis jetzt vier Überbrückungshilfen zur Verfügung gestellt. Wer aus der Not eine Tugend machte, sein Konzept an die neuen Umstände anpasste, konnte bereits im Jahr 2022 auch schon wieder von stark gestiegenen Umsätzen gegenüber dem Vorjahr profitieren. Wegen gelockerter Corona-Bestimmungen, aber auch wegen der tatkräftigen Unterstützung der zurückkehrenden Kundschaft.

Daher sind Strafzahlungen kein gutes Signal an die Kundschaft. Die Klagen der Gastronomen waren laut und zahlreich, teilweise auch berechtigt. Ihre Nöte sollten nicht kleingeredet werden. Aber genau jene Gastwirte, die glimpflich davon kamen, sollten jetzt ihre Kunden nicht auch zu Leidtragenden der Krise machen: etwa durch unfreundlichen Service, nachlassende Essensqualität und eben — überzogene Strafgebühren. Das würde Kunden auf lange Sicht vergraulen. Davon hätte niemand etwas.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort