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Nach Großbrand in Essen Wohnkomplex muss abgerissen werden

Essen · In Essen gestalten sich die Ermittlungen nach dem Großbrand schwierig. Sachverständige können den ausgebrannten Wohnkomplex noch nicht betreten. Dafür hatte ein neuer Polizeiroboter seinen ersten Einsatz.

Roboter-Hund durchsucht Brandruine in Essen
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Foto: Christoph Reichwein (crei)

Nach dem Großbrand in einem Wohnkomplex in der Essener Innenstadt laufen die Ermittlungen zur Ursache des Feuers, das sich in der Nacht zu Montag innerhalb kürzester Zeit ausgebreitet hat. „Wir können das einsturzgefährdete Haus noch nicht betreten“, sagte ein Sprecher der Polizei Essen. Brandsachverständige von Polizei und Landeskriminalamt seien vor Ort, außerdem externe Experten. Mit Hilfe einer Drohne wurden am Dienstag Übersichtsaufnahmen gemacht, auch ein vierbeiniger Polizeiroboter kam zum Einsatz. Der Laufroboter untersuchte das Gebäude mit Kameras und Sensoren, um erste Bilder aus dem Inneren zu bekommen, wie der Sprecher sagte. Der neuartige Roboter war erst vor ein paar Wochen vorgestellt worden.

Die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) fordert höhere Sicherheitsvorschriften für Fassadensysteme an Bauwerken. Die rasante Ausbreitung des Feuers auf den gesamten Wohnkomplex hatte selbst Feuerwehrleute überrascht. „In der Bauordnung ist festgeschrieben, dass die Ausbreitung eines Brandes auf der Fassade begrenzt sein muss“, sagt vfdb-Vizepräsidentin Anja Hofmann-Böllinghaus. „Das bedeutet, ein Brand sollte maximal das nächste Stockwerk darüber erreichen können. Jede weitere Ausbreitung sollte ausgeschlossen werden können, mindestens für die Zeit, bis die Feuerwehr vor Ort ist und eingreifen kann.“

Je nach Fassadensystem seien unterschiedliche konstruktive Maßnahmen notwendig. „Vor einigen Jahren wurden zum Beispiel für Fassadensysteme mit Polystyrol-Dämmung unter anderem zusätzliche Brandriegel aus Mineralwolle vorgeschrieben.“ Die nicht brennbaren Riegel, die in die Dämmung eingebaut sind, können die Ausbreitung eines Feuers über mehrere Etagen verhindern. Polystyrol gehöre zu den Fassadendämmstoffen, die am häufigsten verwendet werden.

Um welchen Dämmstoff es sich auch bei dem Brand in Essen handelte, ist noch nicht bekannt. „Der Dämmstoff ist aber auch nur eine von mehreren Komponenten, aus denen ein Fassadenbau besteht“, sagt Hofmann-Böllinghaus. „Es ist durchaus denkbar, dass eine andere Komponente des Fassadensystems in Essen zu der sehr schnellen Brandausbreitung geführt haben kann. Es bleibt abzuwarten, wie die Details des verbauten Systems aussehen.“

Die Expertin sieht noch Forschungsbedarf im Hinblick auf Extremwetterlagen. Da diese Wetterlagen häufiger werden, brauche es mehr Erkenntnisse, „um den Einfluss verschiedener Faktoren auf die Brandentwicklung auch quantitativ abschätzen zu können“, wie Hofmann-Böllinghaus sagt. Auch durch den Sturm „Antonia“ hatte das Feuer eine große Dynamik entwickelt und sich rasend schnell ausgebreitet.  

Der Essener Ordnungsdezernent Christian Kromberg sagte am Dienstag, es gebe nach Studium der Bauakten bislang keinerlei Hinweise für Unregelmäßigkeiten oder Pfusch beim Bau des 2015 fertiggestellten Hauses. „Sowohl im Baugenehmigungsverfahren als auch bei der Bauabnahme hat es keine Schwierigkeiten gegeben. Wir können und müssen zum jetzigen Zeitpunkt davon ausgehen, dass alles korrekt gelaufen ist“, sagte er auf einer Pressekonferenz. Der komplette viereinhalbstöckige Wohnkomplex muss abgerissen werden, wie der Chef des Eigentümerunternehmens Vivawest, Uwe Eichner, sagte. „Der Schaden liegt in zweistelliger Millionenhöhe.“ Die 128 Bewohner kamen entweder privat unter oder in anderen Wohnungen oder Hotels. „Keiner war obdachlos“, sagte Kromberg. 35 Wohnungen wurden zerstört, weitere in Mitleidenschaft gezogen.

NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) sprach in Essen mit den Brandopfern. Sehr unterschiedliche Menschen seien betroffen – vom 86-Jährigen und einem alleinlebenden Rollstuhlfahrer bis zu Familien, sagte die Ministerin danach bei der Pressekonferenz. Sie sei erleichtert, dass die drei Verletzten, die Rauchgasvergiftungen erlitten hatten, inzwischen das Krankenhaus verlassen konnten.

Die Stadt Essen ermöglicht es den Betroffenen, verbrannte Ausweise und Papiere unbürokratisch, das heißt ohne Termin und ohne Kosten, wiederzubeschaffen. In der Stadt seien bereits rund 100.000 Euro Spenden für die Betroffenen gesammelt worden, sagte eine Sprecherin.

(mit dpa)
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