Parlamentarische Aufarbeitung stockt Lügde-Untersuchungsausschuss kämpft mit Aktenbergen und Datenschutz

Düsseldorf · Im Missbrauchsfall von Lügde sind die juristischen Urteile längst gesprochen. Die Täter sitzen hinter Gittern. Doch die parlamentarische Aufarbeitung des Falls in einem Untersuchungsausschuss kommt nur schwer in Gang.

Eine Aktenflut und Datenschutzprobleme behindern die Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung möglicher Behörden- und Polizeifehler im Missbrauchsfall von Lügde. „Wir reden hier über weit mehr als 100.000 Akten“, sagte der CDU-Sprecher in dem Landtagsausschuss, Dietmar Panske, am Donnerstag. Das Problem: Die Namen der betroffenen Kinder im Fall des hundertfachen Missbrauchs auf einem Campingplatz in Lügde dürften aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht weitergegeben werden. In den Akten seien aber die Klarnamen der Opfer enthalten.

Panske forderte eine rasche Einigung aller Fraktionen über das weitere Vorgehen. Andernfalls könne die ab Januar geplante Befragung der Zeugen und damit die Hauptarbeit des Untersuchungsausschusses nicht starten. CDU und SPD wollen sich voraussichtlich darauf verständigen, die Namen der Opfer in den Akten durch Pseudonyme zu ersetzen. Der Untersuchungsausschuss „Kindesmissbrauch“ setzt am Freitag seine Arbeit mit Expertenanhörungen fort.

Panske sprach sich dafür aus, dass die Namen der Opfer in den Akten bereits von den jeweiligen Behörden durch Pseudonyme ersetzt werden, um Verstöße gegen den Datenschutz zu vermeiden. Auch die Landesdatenschutz -sowie die NRW-Opferschutzbeauftragten hätten sich für eine Pseudonymisierung ausgesprochen.

Einige Behörden wie die Jugendämter im niedersächsischen Hameln und Bad Pyrmont haben ihre Akten laut Panske allerdings schon mit Klarnamen der Opfer an den Landtag geliefert. Dagegen seien die Namen der Mitarbeiter in den Akten geschwärzt worden, sagte Panske. Das mache eine Auswertung der teilweise handgeschriebenen Dokumente unmöglich. „Damit können wir nicht arbeiten.“

Die Kreispolizei Höxter wiederum habe ihre Akten mit geschützten Passwörtern an den Landtag geschickt und so den Zugriff verhindert. Und die Behörden des Kreises Lippe, deren Arbeit wegen Polizei-Pannen besonders im Fokus steht, machten ihre Akten zu vertraulichen Verschlusssachen. Die Folge: Sie dürfen nur in einem Geheimraum eingesehen und nicht in einer öffentlichen Ausschusssitzung behandelt werden.

SPD-Fraktionsvize Sven Wolf warf dem Justiz- und Innenministerium unterdessen vor, die Herausgabe von Akten seit mehr als drei Monaten zu blockieren. Panske entgegnete, die Ministerien hätten zunächst die datenschutzrechtlichen Bedenken mit der Landesbeauftragten klären wollen.

Der Untersuchungsausschuss „Kindesmissbrauch“ soll mögliche Fehler bei Jugendämtern, Polizei, Justiz und Landesbehörden untersuchen. Da die meisten Akten bisher nicht vorliegen oder ausgewertet werden können, hört der Ausschuss zur Zeit Experten an, die allgemein Auskunft über die Strukturen der Jugendhilfe und ihre Schnittstellen zur Polizei geben. „Wir müssen endlich in die Arbeit kommen“, forderte Panske.

Das Landgericht Detmold hatte Anfang September Freiheitsstrafen von 12 und 13 Jahren sowie anschließende Sicherungsverwahrung gegen die zwei Hauptangeklagten verhängt. Auf einem Campingplatz im lippischen Lügde hatten die beiden Täter jahrelang in mehreren hundert Fällen mehr als 30 Kinder schwer sexuell missbraucht.

(hsr/dpa)
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