Häftling starb in JVA Kleve Originaldaten im Fall Amad A. gelöscht - Strafanzeige

Noch immer beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags mit Inhaftierung und Tod des Syrers Amad A.. Nun kommt heraus: Originaldaten wurden trotz gegenteiliger Anweisung gelöscht.

 Blick in die JVA Kleve, Amad A. nach einem selbst gelegten Brand starb.

Blick in die JVA Kleve, Amad A. nach einem selbst gelegten Brand starb.

Foto: dpa/Markus van Offern

Im Fall des unschuldig eingesperrten Syrers Amad A. sind Originaldaten des Fahndungssystems der Polizei entgegen einer Anordnung gelöscht worden. Die Anwälte seiner Eltern haben deswegen Strafanzeige erstattet. Das bestätigte einer der Anwälte, der Kölner Rechtsanwalt Sven Forst.

Zu dem Vorgang befragt, bestätigte eine Oberstaatsanwältin aus Kleve als Zeugin im Untersuchungsausschuss die Löschung indirekt: Nach Aussage des Landeskriminalamts sei diese durch eine Fehleinschätzung erfolgt. Es sei angenommen worden, durch das Löschmoratorium für die Kriminaldaten des Falls seien auch die Fahndungsdaten gesichert - was nicht der Fall gewesen sei.

Das Landesamt für polizeiliche technische Dienste in NRW teilte mit, die Daten seien nach einer bundesweit geltenden Vorgabe durch einen vollautomatisierten Prozess gelöscht worden. Dem Untersuchungsausschuss lägen aber alle relevanten Daten schriftlich vor.

„Der Vorwurf der Datenvernichtung wiegt schwer und der Verdacht kommt zur Unzeit“, kritisierte SPD-Fraktionsvize Sven Wolf. „Wenn jetzt beweiswichtige Daten verschwinden, gerät das Vertrauen ins Wanken.“

Der Grünen-Obmann im Untersuchungsausschuss zur Inhaftierung des Syrers, Stefan Engstfeld, nannte den Vorgang am Dienstag „skandalös“. „Es gab klare Anweisungen vom Innenministerium, dass das nicht passiert. Man darf schon mal fragen, warum es doch passiert ist“, so Engstfeld. „Wir können nie wieder auf den Original-Datensatz zurückgreifen.“

Die Daten seien nach der üblichen Frist automatisch gelöscht worden, obwohl das Innenministerium dies anders angeordnet hatte, bestätigte der CDU-Sprecher im Untersuchungsausschuss, Oliver Kehrl. „Das ist auch aus unserer Sicht bedauerlich, weil dies Nährboden für Verschwörungstheorien der Opposition ist.“

Die Oberstaatsanwältin widersprach im Ausschuss dem Verdacht, das Fahndungssystem sei zuvor vorsätzlich manipuliert worden. Dafür habe sie keine Hinweise gefunden. Fehlende Laufnummern seien durch technisch bedingte Sprünge bei der Nummerierung zu erklären. Dies seien die aus ihrer Sicht plausiblen Erklärungen von LKA, LZPD und Software-Hersteller.

Der hellhäutige Syrer Amad A. war wegen eines Haftbefehls eingesperrt worden, mit dem nach dem Schwarzen Amedy G. aus Afrika gesucht worden war. Amad A. hatte wochenlang in Kleve unschuldig im Gefängnis gesessen und schließlich in seiner Zelle selbst Feuer gelegt. Dabei erlitt der 26-Jährige so schwere Verbrennungen, dass er im September 2018 in einer Klinik starb.

Nach Bekanntwerden des Vorgangs hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Polizisten wegen der Verdachts der Freiheitsberaubung eingeleitet, diese aber später eingestellt. Der Fall Amad A. beschäftigt auch einen Untersuchungsausschuss des Landtags.

(dpa)
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