Angriff auf israelischen Wissenschaftler in Bonn Polizeipräsidium Köln untersucht Verhalten der Beamten

Bonn · Ein Deutscher mit palästinensischen Wurzeln schlug in Bonn auf einen israelischen Wissenschaftler ein, weil der eine Kippa trug. Ihm droht ein Strafverfahren wegen Körperverletzung und Volksverhetzung. Auch am Verhalten der Polizei gibt es Kritik.

 Der Bonner Hofgarten schließt sich direkt an das Hauptgebäude der Universität an. Hier kam es zu der Attacke und später zur Verwechslung durch die Polizei. (Archiv)

Der Bonner Hofgarten schließt sich direkt an das Hauptgebäude der Universität an. Hier kam es zu der Attacke und später zur Verwechslung durch die Polizei. (Archiv)

Foto: dpa/Volker Lannert

Ein antisemitischer Angriff auf einen israelischen Professor am Bonner Hofgarten hat für bundesweites Aufsehen gesorgt: Der 50-jährige jüdische Wissenschaftler, der in den USA lehrt, wurde am Mittwochnachmittag gegen 14.20 Uhr von einem 20-jährigen Deutschen mit palästinensischen Wurzeln tätlich angegriffen. Das teilte die Bonner Polizei am Donnerstagmorgen mit. Eine Begleiterin des Forschers verständigte die Polizei, nachdem der Angreifer mehrmals die Worte „Kein Jude in Deutschland“ auf Deutsch und Englisch gerufen und dem Gast dessen Kippa vom Kopf geschlagen hatte. Dabei schubste er ihn, schlug ihn gegen die Schulter und beleidigte ihn.

Beim Eintreffen der Polizeistreife ergriff der 20-Jährige die Flucht quer über die Hofgartenwiese, zog sich das T-Shirt vom Leib und lief mit nacktem Oberkörper weiter. Der Professor aus den USA, der für einen philosophischen Vortrag am Mittwochabend nach Bonn gekommen war, nahm die Verfolgung auf. Auf der Wiese kam es dann nach Polizeiangaben zu einer folgenschweren Verwechslung. Die Polizisten hielten das eigentliche Opfer für den Täter und streckten den Forscher zu Boden. Zuvor hatten sie dem Israeli „Stehen bleiben“ zugerufen.

Weil sich der Professor wehrte, fixierten ihn die Beamten am Boden und schlugen ihm dabei auch ins Gesicht. Erst als die Begleiterin die Polizisten über die Verwechslung aufklärten, ließen sie von dem Opfer ab. Den 20-Jährigen konnte die Polizei anschließend festnehmen. Ihn erwartet nun ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung und Körperverletzung. Er ist der Polizei wegen Drogen- und Gewaltdelikten bekannt.

Der Täter wurde zunächst in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, später aber wieder entlassen. Die behandelnden Ärzte hätten nichts finden können, was einen weiteren Klinikaufenthalt gerechtfertigt hätte, sagte ein Polizeisprecher. Die Vorwürfe gegen den 20-Jährigen mit festem Wohnsitz seien aber auch nicht so schwerwiegend, dass er in Untersuchungshaft genommen werden könne. Das Polizeipräsidium Köln untersucht nun auch das Verhalten der Polizisten gegenüber dem Opfer.

Vor dem Abflug des Wissenschaftlers am Donnerstagmorgen in die amerikanische Heimat entschuldigte sich Bonns Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa bei ihm und sprach von einem „schrecklichen und bedauerlichen Missverständnis“. NRW-Innenminister Herbert Reul erklärte: „Es ist für mich unerträglich, dass gut 70 Jahre nach dem Ende des dunkelsten Kapitels unserer Geschichte in Deutschland wieder Hatz auf Juden gemacht wird – das dürfen und das werden wir nicht zulassen.“

Michael Hoch, der Rektor der Universität Bonn, sagte: „Wir sind sehr traurig, dass unser akademischer Freund dieses Erlebnis aus Deutschland zurück in die Heimat mitnehmen muss.“ Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan teilte mit: „Niemand, keine Bonnerin und kein Bonner und erst recht kein Gast, sollte sich in unserer Stadt vor Tätlichkeiten fürchten müssen, auch nicht wegen eines religiösen Symbols.“ Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, zeigte sich „zutiefst empört“ und forderte Konsequenzen: „Ich erwarte, dass gegen den mutmaßlichen palästinensischen Täter nun rasch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird“, sagte Klein unserer Redaktion.

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