Antisemitische Attacke in Berlin Merkel kündigt nach Angriff auf Israeli entschlossene Reaktion an

Berlin · Zwei Juden sind in Berlin angegriffen und antisemitisch beleidigt worden. Beide trugen eine Kippa, die traditionelle jüdische Kopfbedeckung. Kanzlerin Merkel reagiert betroffen und kündigt eine entschlossene Reaktion an.

Ein Israeli ist in Berlin angegriffen und antisemitisch beleidigt worden. Er trug eine Kippa, die traditionelle jüdische Kopfbedeckung. Kanzlerin Merkel reagiert betroffen und kündigt eine entschlossene Reaktion an.

Der junge Mann in der braunen Jacke hält einen Gürtel in seiner Hand, er holt weit aus und schlägt zu - dreimal. Auf arabisch ruft er: "Tu das Handy weg. Du bist ein jüdischer Bastard", dann: "Jahudi" (arabisch für Jude). Der angegriffene Mann lässt das Smartphone weiter laufen und sagt: "Ich filme Dich, ich filme Dich". Es kommt zum Handgemenge, bis der Angreifer von einem Begleiter weggeschoben wird.

Nach 47 Sekunden endet das Video über den antisemitischen Angriff. Gefilmt wurde es am Dienstag in Berlin-Prenzlauer Berg, wie die Polizei bestätigte. Der angegriffene Mann ist ein 21-jähriger Israeli. Zusammen mit einem 24-jährigen deutschen Freund war er auf der Straße unterwegs, beide trugen eine Kippa, die traditionelle jüdische Kopfbedeckung.

Polizei sucht den Täter

Dem israelischen Fernsehen erzählte der 21-Jährige am Mittwoch, sie seien "ganz normal auf der Straße gegangen - wir haben mit niemandem gesprochen". Drei Männer hätten sie plötzlich beschimpft. Der Freund habe ihnen gesagt, sie sollten damit aufhören. "Dann wurden sie sauer, einer von ihnen rannte auf mich zu." In diesem Moment beginnt das Video. "Mir war sofort klar, dass es wichtig ist, das zu filmen." Er hoffe, dass die Polizei den Mann so finden könne.

Der "Bild"-Zeitung sagte der Israeli, er habe die Kippa gerade erst geschenkt bekommen, verbunden mit einer Warnung vor dem öffentlichen Tragen. Er habe aber erwidert: "Sowas passiert in Deutschland nicht, nicht mal in Berlin. Und dann waren keine fünf Minuten vergangen, als wir rausgingen mit der Kippa und wir wurden attackiert." Er fühle sich jetzt nicht mehr so sicher wie zuvor. Gerade in dem bürgerlichen Viertel Prenzlauer Berg habe er das nicht erwartet. "Wenn das in Neukölln gewesen wäre, wäre ich nicht so geschockt."

Er sei in Israel in einer arabischen Familie aufgewachsen und kein Jude, sagte der Angegriffene der Deutschen Welle. Die Kippa habe er als Experiment getragen. Das Filmen des Angriffs begründete er so: "Ich wollte einen Beweis für die Polizei haben und, dass die Deutschen sehen, ja im Grunde, dass die Welt sieht, wie schrecklich es ist, in diesen Tagen als Jude durch Berlins Straße zu laufen."

Merkel spricht von "schrecklichem Vorfall"

Die Polizei bestätigte den Vorfall. Nach dem ersten Angriff mit dem Gürtel habe sich die Gruppe der drei aggressiven Männer entfernt, sei jedoch von dem 21-Jährigen verfolgt worden. Daraufhin habe der Schläger versucht, den Verfolger mit einer Flasche zu attackieren. Eine Zeugin ging dazwischen. Der 21-Jährige wurde leicht verletzt. Die Polizei sucht nun nach dem Täter. Der regionale Dialekt des Arabisch sprechenden Täters war nicht klar zu erkennen - das Opfer sagte, er habe mit einem syrischen Dialekt gesprochen.

Der antisemitisch motivierte Angriff löst Betroffenheit und Empörung aus. "Dieser Kampf gegen solche antisemitischen Ausschreitungen muss gewonnen werden", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch. Als Reaktion auf den "ganz schrecklichen Vorfall" müsse "mit aller Härte und Entschlossenheit" gegen jegliche Form von Antisemitismus vorgegangen werden.

Außenminister Heiko Maas und Justizministerin Katarina Barley (beide SPD) verurteilten die Tat als "unerträglich". Maas sagte der Funke Mediengruppe: "Juden dürfen sich bei uns nie wieder bedroht fühlen." Barley meinte: "Das ist eine Schande für unser Land." Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte: "Antisemitismus gehört nicht zum Berlin, in dem wir leben wollen."

Der Angriff fällt in eine Zeit, in der sich Berichte über antisemitische Vorfälle häufen. In Berlin wurde abermals der Fall einer Schülerin bekannt, die von muslimischen Mitschülern wegen ihrer jüdischen Religion beschimpft wurde. Im Dezember wurde ein jüdischer Restaurantbesitzer von einem Deutschen antisemitisch beleidigt. Arabische Demonstranten verbrannten bei einer Kundgebung israelische Flaggen. Die Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) zählte im vergangenen Jahr 18 Angriffe und 23 konkrete Bedrohungen. Die Jüdische Gemeinde schätzt, dass 20.000 Juden in der Hauptstadt leben.

Anmerkung der Redaktion: Der Mann, der in Berlin attackiert wurde, ist nach eigenen Angaben Israeli, aber kein Jude. Wir haben das im Artikel präzisiert.

(wer)
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