Billigere Jahreskarte Bonn plant Ein-Euro-Ticket für Bus und Bahn

Bonn/Düsseldorf · Die Stadt Bonn will mit einer deutlich billigeren Jahreskarte mehr Menschen davon überzeugen, vom Auto auf Bus und Bahn umzusteigen. Wien hat damit Erfolg. Die SPD wünscht sich ein solches Angebot auch in Düsseldorf.

Ein Ticketautomat in einer U-Bahn-Station (Symbolfoto).

Ein Ticketautomat in einer U-Bahn-Station (Symbolfoto).

Foto: dpa, ped;cse;fux

Bonn will ein neues Jahresticket für den öffentlichen Nahverkehr einführen. Für 365 Euro im Jahr sollen Kunden „im ganzen Bonner Stadtgebiet mit DB-Zügen und allen Bahnen und Bussen fahren“ können, teilte die Stadt mit. Umgerechnet würde ein Jahreskarteninhaber also für einen Euro pro Tag den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Bonn nutzen können. Für ein normales Einzelticket im Stadtgebiet werden dagegen aktuell 2,90 Euro fällig, also fast dreimal so viel.

Allerdings werden wohl nicht alle Bonner die Jahreskarte kaufen können. Das 365-Euro-Ticket sei als „Schnupperangebot“ für Neukunden geplant, erklärte die Stadt. „Es soll denjenigen Lust auf die Nutzung von Bus und Bahn machen, die den Öffentlichen Nahverkehr bislang gar nicht oder selten nutzten.“ Autofahrer sollen also dazu motiviert werden, ihren Wagen stehen zu lassen. Dagegen werden wohl diejenigen, die schon heute regelmäßig den ÖPNV nutzen, weiterhin so viel bezahlen wie bisher. Aktuell kosten Bus und Bahn im Bereich 1b, für den die neue Jahreskarte gelten soll, mit einer Monatskarte im Abo zum Beispiel knapp 988 Euro im Jahr.

Die Stadt will zwar weitere Tarifverbesserungen prüfen. Aber es ist eine Frage des Geldes. Das 365-Euro-Ticket wird mit Hilfe des Bundes finanziert. Er verspricht Bonn einen Zuschuss von insgesamt 37,65 Millionen Euro für Maßnahmen, mit denen die Kommune die Luftqualität im Stadtgebiet verbessert. Hintergrund sind die drohenden Diesel-Fahrverbote in Deutschland. Bonn ist eine von fünf Modellkommunen (eine sogenannte Lead City), in denen neue Konzepte für eine bessere Luft getestet werden. Zunächst hatten Bund und Kommunen sogar über einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr nachgedacht. In einigen Städten wurde das schon ausprobiert, ist dann aber am Geld gescheitert.

In Bonn wurde aus der Idee schließlich die 365-Euro-Fahrkarte: Allein dafür will die Stadt 22 Millionen Euro aus dem Förderprogramm investieren, schreibt der „Bonner General-Anzeiger“. Das Geld reiche nicht aus, um die neue Jahreskarte auch Bestandskunden anzubieten. Die Verwaltung rechne mit einem Minus von 26 Millionen Euro, wenn alle das 365-Euro-Ticket kaufen könnten, also auch bisherige Dauerkartenbesitzer. Aus demselben Grund soll die Fahrkarte nur im Stadtgebiet gelten und nicht darüber hinaus. Eine Ausweitung auf den Rhein-Sieg-Kreis sei geprüft worden, finanziell aber nicht umsetzbar, erklärte die Stadt.

Vorbild für das neue Ticket ist Wien. Österreichs Hauptstadt hat den Preis einer Jahreskarte schon 2012 von 449 auf 365 Euro gesenkt. Dort kann jeder das Ticket erwerben, und die Nachfrage ist groß: In den vergangenen sechs Jahren sei die Zahl der Jahreskarteninhaber von 373.000 auf 780.000 gestiegen, sagte ein Sprecher des öffentlichen Nahverkehrs unserer Redaktion. „Wir nähern uns der Marke von 800.000 Jahreskarten an. Damit gibt es in Wien mehr Jahreskarten als zugelassene PKW.“ Deshalb spricht sich auch die SPD in Düsseldorf für niedrigere Fahrpreise aus. „Wir sehen in Wien, dass es geht“, sagte Düsseldorfs SPD-Chef Andreas Rimkus. Allerdings könnten dann zusätzliche Zuschüsse der öffentlichen Hand für den ÖPNV notwendig werden: Schon jetzt gleichen Städte und Kreise den Fehlbetrag aus, der durch nicht kostendeckende Fahrpreise entsteht. Im Fall der Rheinbahn haben Düsseldorf sowie die Kreise Mettmann und Neuss im Jahr 2017 rund 65 Millionen Euro zugeschossen, wie ein Sprecher des Unternehmens sagte. Auch in Wien ist der ÖPNV ein Zuschussgeschäft. Aber eine „umweltfreundliche Mobilität“ sei „ein Kernanliegen der Stadt“, sagte der Sprecher.

Außer dem 365-Euro-Ticket plant Bonn auch eine engere Taktung im öffentlichen Nahverkehr. „Busse und Bahnen sollen häufiger fahren“, teilte die Stadt mit. Auch hier ist Wien das Vorbild. Denn Österreichs Hauptstadt machte die Erfahrung, dass niedrigere Ticketpreise allein nicht ausreichen, damit mehr Menschen ihr Auto stehen lassen, wie ein Sprecher dem „Tagesspiegel“ sagte: „Es ist ja schön, wenn meine Fahrkarte günstig ist, aber wenn der Bus nur alle 20 Minuten kommt, bringt das auch nichts.“

Allerdings muss der Bund den Plänen der Stadt Bonn noch zustimmen. Und er will die Maßnahmen nur bis 2020 finanziell fördern. Die billigere Jahreskarte könnte also ein ein zeitlich begrenztes Angebot werden: „Eine Anschlussfinanzierung ist derzeit nicht vorgesehen“,erklärt die Stadt Bonn.

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