11.11. im Zülpicher Viertel Vorwürfe gegen Sicherheitsleute in Köln – Einlass gegen Geld?

Köln · Die Zülpicher Straße war am 11.11. in Köln schon nach einer Stunde wegen Überfüllung geschlossen. Ordner eines Sicherheitsunternehmens sollen trotzdem weiterhin Leute durchgelassen haben – gegen Bezahlung. Was die Stadt Köln zu den Vorwürfen sagt.

11.11. Köln 2023: Fotos vom Karnevalsauftakt
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Jecker Karnevalsauftakt am 11.11. in Köln

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Foto: dpa/Oliver Berg

Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmen sollen am 11.11. an einer Sperrstelle in Köln Geld von Leuten entgegengenommen haben, die im Zülpicher Viertel Karneval feiern wollten. Anwohner haben dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ Videos zugeschickt, die zeigen, dass sich ein Mann in gelber Warnweste Geldscheine von den Kostümierten geben lässt – und sie dann durch die Absperrung lässt. Die Zülpicher Straße war zu diesem Zeitpunkt wegen Überfüllung bereits gesperrt. Per Lautsprecherdurchsagen forderte die Polizei die Menschen vor den Absperrungen auf, das Viertel zu verlassen und an andere Orte in der Stadt auszuweichen.

Die Handy-Videos zeigen, dass eingelassen wird, wer dem Odner einen Fünf-Euro-Schein übergibt, den er in ein ganzes Bündel Geldscheine einsortiert. Andere werden offenbar aber auch ohne Bezahlung durchgelassen: Auf einem Video sind drei Frauen zu sehen, die die Ordner offensichtlich anflirten, eine Frau umarmt einen der Männer – der lässt die Gruppe daraufhin durch.

Den Hinweisen auf mögliche Unregelmäßigkeiten geht die Stadt Köln nach und ist dazu im Gespräch mit den beauftragten Sicherheitsunternehmen, wie eine Stadt-Sprecherin am Dienstag auf Anfrage mitteilt. „Sollte sich herausstellen, dass ein oder mehrere Mitarbeitende von Sicherheitsunternehmen Geld angenommen haben, wird die Stadt Köln rechtliche Schritte einleiten“, sagt sie. Zudem erfolge eine Sperre für künftige Einsätze.

Die Stadt hatte nach eigenen Angaben für den 11.11. etwa 500 Einsatzkräfte privater Sicherheitsunternehmen eingesetzt, die das Ordnungsamt bei den Kontrollen unterstützten. „Das Ordnungsamt hat insgesamt 489 Sicherheitsbedienstete überprüft, 83 von ihnen am Elften im Elften selbst“, sagt die Stadtsprecherin. „Acht Mitarbeitende wurden abgelehnt, weil ihre Dokumente nicht den Anforderungen entsprachen.“

Noch werten Stadt und Polizei den Einsatztag aus. Erstmals war bei einem neuen Sicherheitskonzept nur ein Zugang ins Zülpicher Viertel geöffnet worden. Tausende Menschen harrten am Mittag zunächst vor den Absperrungen aus, zogen dann aber weiter und feierten unter anderem am Aachener Weiher und auf den Uniwiesen. Mit dem Ergebnis, dass die Wiesen dort nach dem 11.11. komplett vermüllt waren. Immer wieder überrannten Gruppen auch die Absperrungen in den Nebenstraßen, um auf die Zülpicher Straße zu gelangen. Die waren zum Schutz der Anwohner gesperrt worden.

Kritik kommt unter anderem von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. „Ich bin entsetzt darüber, wie verantwortungslos und unprofessionell die Stadt Köln mit dem Infektionsschutz im Straßenkarneval umgegangen ist“, sagte der SPD-Politiker in einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. In den Partyzonen seien die jungen Leute „komplett unkontrolliert zusammengekommen, als ob es Corona nicht geben würde“, sagte Lauterbach. „Falls wir jetzt in NRW stark ansteigende Fallzahlen bekommen, geht das auch auf die Kappe der Stadt Köln.“

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat sich am Montag geäußert: „Das Konzept der Stadt hatte zum Ziel, die Anwohnenden, die einer besonderen Belastung ausgesetzt sind, bestmöglich zu schützen und für die Sicherheit der Feiernden zu sorgen“, sagte sie. „Das ist uns überwiegend gelungen. Wir werden jetzt auswerten, was hat gut funktioniert und was hat weniger gut funktioniert.“ Diese Ergebnisse würden dann zeitnah dem Runden Tisch Karneval vorgestellt, zu dem unter anderem Gastronomen gehören. „Als Stadt würden wir es nach wie vor begrüßen, wenn sich professionelle Veranstalter finden würden, die bereit wären, eine Veranstaltung zu organisieren, die zu einer Verteilung der Feiernden und zu einer verbesserten Situation rund um die Zülpicher Straße beiträgt“, teilte Reker mit.

Kölns Stadtdirektorin Andrea Blome hatte im Vorhinein betont, die Idee, die Feiernden schon bei der Ankunft in andere Viertel zu leiten, um das Zülpicher Viertel zu entlasten, sei schnell verworfen worden, da es fast alle auf die Zülpicher Straße ziehe. „Wir können ja keine Betreten-verboten-Schilder in Köln aufstellen“, sagte sie. Die Feiernden kämen zu Karneval von selbst nach Köln, nicht aufgrund einer Einladung der Stadt.

Die Zülpicher Straße wurde am 11.11. nach einer Stunde wegen Überfüllung geschlossen.

Die Zülpicher Straße wurde am 11.11. nach einer Stunde wegen Überfüllung geschlossen.

Foto: dpa/Thomas Banneyer

Die Kölner Polizei hatte am 11.11. insgesamt 335 Einsätze im Stadtgebiet, rund 80 mehr als im Vorjahr. Die Beamten erteilten 75 Platzverweise und nahmen 28 betrunkene oder randalierende Menschen in Gewahrsam. 145 Straftaten wurden angezeigt, davon 51 Körperverletzungsdelikte. Bei Widerstandshandlungen wurde sieben Polizisten verletzt, drei waren anschließend nicht mehr dienstfähig.

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