Handel Der Streit um die Sonntagsöffnung spaltet die Politik

Düsseldorf · Der Handelsverband NRW bedauert die jüngsten OVG-Entscheidungen gegen verkaufsoffene Sonntage. Die Kirchen hatten die Hilfsmaßnahme der Landesregierung zähneknirschend akzeptiert, aber die Gewerkschaft Verdi hält unbeirrt am Klageweg fest.

 Gewerkschaft und Handel streiten in Nordrhein-Westfalen weiter um verkaufsoffene Sonntage.

Gewerkschaft und Handel streiten in Nordrhein-Westfalen weiter um verkaufsoffene Sonntage.

Foto: dpa/Gero Breloer

Der Streit um verkaufsoffene Sonntage in NRW erhitzt die Gemüter. Im Juli hat das NRW-Wirtschaftsministerium per Verordnung festgelegt, dass vier verkaufsoffene Sonntage bis Jahresende erlaubt sein sollten, damit Umsatzeinbußen durch Corona abgemildert werden können. Doch das ist in acht Fällen am Oberverwaltungsgericht (OVG) gescheitert. Tenor: Das Aufholen corona-bedingter Umsatzverluste sei kein ausreichender Grund, die im Grundgesetz verankerte Arbeitsruhe weiter zu lockern.

Peter Achten, Hauptgeschäftsführer beim Handelsverband NRW, bedauert die OVG-Entscheidung. „Wir danken dem Land für die Verordnung, aber wir hätten uns gewünscht, dass sie rechtssicherer gewesen wäre“, sagte Achten unserer Redaktion. Aus seiner Sicht bringt Sonntagsöffnung steigende Erlöse: „Der Gelegenheitskauf bringt drei Prozent mehr Umsatz im Jahr. Da ist die Kaufkraft kein begrenzender Faktor.“ Man wolle nicht die „Axt an den Sonntag legen“, sondern nur ein paar zusätzliche Verkaufstage.

Die Kirchen im Rheinland sind zwar von Sonntagsöffnungen im Einzelhandel grundsätzlich nicht begeistert, wollen die aktuellen Nöte aber nicht unberücksichtigt lassen. „Als Evangelische Kirche im Rheinland haben wir das Ansinnen des NRW-Wirtschaftsministeriums, vier verkaufsoffene Sonntage quasi zum Corona-Ausgleich zuzulassen, als einmalige Ausnahme nur deutlich zähneknirschend hingenommen“, teilte ein Sprecher der Evangelischen Kirche im Rheinland mit. Zugleich habe man darauf bestanden, dass von den vier verkaufsoffenen Sonntagen maximal zwei in die Adventszeit fallen dürfen.

Antonius Hamers, Direktor des Katholischen Büros NRW, sagte unserer Redaktion: „Im Wissen um die besondere Situation haben alle fünf Bischöfe und Erzbischöfe signalisiert, dass wir uns vor Ort nicht gegen solche Pläne stellen werden, wenn dies eine einmalige Regelung in diesem Jahr bleibt.“ Wenngleich der Sonntagsschutz für die Katholiken ein wichtiges Gut sei, sprach Hamers von einer „gangbaren Lösung“: „Dass wir als Kirche nicht dagegen vorgehen, zeigt, dass wir das Bemühen des Staates respektieren, die unterschiedlichen Rechtsgüter und Interessen in dieser schwierigen Situation abzuwägen. Dabei sehe ich auch die Interessen der Arbeitnehmer im Einzelhandel, deren Arbeitsplätze aktuell gefährdet sind.“

Oppositionspolitiker im Düsseldorfer Landtag stellten sich auf die Seiten der Händler. Frank Sundermann, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte: „Wir haben volles Verständnis dafür, dass die Einzelhändler die im ersten Halbjahr wegen Corona ausgefallenen Sonntagsöffnungen nachholen wollen.“ Hierfür reiche es allerdings nicht aus, als Begründung allein auf die Umsatzeinbußen aus der Corona-Zeit zu verweisen. „Die Landesregierung muss den Kommunen und Einzelhändlern vielmehr Unterstützung dafür bieten, wie die zulässige Anzahl an verkaufsoffenen Sonntagen im verbleibenden Jahr gerichtsfest durchgeführt werden können“, verlangte Sundermann. „Sie hat mit ihrer Ladenöffnungspolitik die Rechtsunsicherheit allerdings nur erhöht, den Konflikt mit Verdi durch die Einstellung des Dialogs befördert und den Schwarzen Peter an die Kommunen weitergegeben.“ Abgesehen davon gelte der grundgesetzliche Schutz von Sonn- und Feiertagen auch in NRW, auch in Corona-Zeiten. „Dies wurde jüngst auch durch ein Gerichtsurteil des OVG Münster bestätigt. Das Urteil entlarvt die Rahmensetzung des Landes einmal mehr als völlig fehlerhaft und juristisch problematisch“, kritisierte der SPD-Politiker.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort