Zweieinhalb Monate nach der Katastrophe Hilfe mit Hindernissen

Düsseldorf · Die SPD im Landtag kritisiert umständliche Anträge für Hochwasseropfer, sieht zu wenig Personal vor Ort und fordert, dass der Wiederaufbauhelfer länger bleibt. Der Untersuchungsausschuss lässt noch auf sich warten.

 Blick auf Erftstadt-Blessem, das von der Katastrophe besonders hart getroffen war.

Blick auf Erftstadt-Blessem, das von der Katastrophe besonders hart getroffen war.

Foto: dpa/Oliver Berg

Der Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe startet in Nordrhein-Westfalen später als in Rheinland-Pfalz. „Wir erwarten, dass es jetzt so schnell wie möglich losgeht“, sagte der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Stefan Kämmerling, am Donnerstag. In der kommenden Woche werde im Düsseldorfer Plenum das Ausschusspersonal benannt, Termine gebe es aber noch nicht. Die SPD werde „durch die Auswahl ihres Personals dokumentieren, dass ihr der Ausschuss sehr wichtig ist“, kündigte der Oppositionspolitiker an.

In Rheinland-Pfalz nimmt der Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe bereits an diesem Freitag seine Arbeit auf. Starkregenfälle hatten Mitte Juli verheerende Überschwemmungen in beiden Bundesländern ausgelöst. Viele Gemeinden wurden verwüstet. In Rheinland-Pfalz kamen im Zusammenhang mit dem Hochwasser 133 Menschen ums Leben, in Nordrhein-Westfalen gab es 48 Tote.

„Es ist die größte Katastrophe in der Geschichte unseres Landes“, sagte der nordrhein-westfälische Abgeordnete Kämmerling. Der Opposition gehe es nun darum zu klären, welche Minister und anderen Verantwortlichen welche Erkenntnislage zu welchem Zeitpunkt gehabt hätten. Die SPD-Fraktion habe 50 Sachthemen identifiziert und werde sich auf die großen Linien fokussieren. Ziel sei es, den Abschlussbericht noch vor der Landtagswahl im kommenden Mai fertigzustellen.

Kämmerling hält die bisherige Unterstützung – auch die psychosoziale – für unzureichend: „Der Start der Wiederaufbauhilfe wurde verstolpert.“ Die Anträge für die Fluthilfen seien zu behördentechnisch und kompliziert formuliert. Wer die Unterstützung beantragen wolle, brauche dazu einen Internetzugang, der noch nicht überall wieder funktioniere. Auch sei eine E-Mail-Adresse erforderlich, über die nicht jeder verfüge. Immer wieder komme es vor, dass das System zusammenbreche, zuletzt sei dies noch am 28. September länger der Fall gewesen.

Auch die von der Landesregierung zugesagte personelle Hilfe reiche nicht aus, kritisierte Kämmerling weiter. So gebe es im Kreis Euskirchen 48 Helfer, davon kämen aber nur sechs vom Land. Um die anderen 42 habe sich der Kreis selbst kümmern müssen. Ungünstig sei auch, dass die Hilfskräfte die Antragsteller nur beraten, aber nicht zum Stift greifen dürften.

Völliges Unverständnis äußerte Kämmerling darüber, dass der von der Landesregierung eingesetzte Wiederaufbauhelfer Fritz Jaeckel schon Ende November wieder abberufen werde, weil nach dessen Worten bis dahin der Prozess gut aufgesetzt und die meiste Arbeit getan sei. „Das glauben wir nicht“, sagte der Oppositionspolitiker. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet habe versprochen, auch noch in den Flutgebieten zu sein, wenn die Kameras längst abgezogen seien. Die frühe Abberufung Jaeckels sei vor diesem Hintergrund „ein fatales Sig­nal“. Kämmerling forderte, Jaeckel bis Ende 2022 im Amt zu belassen.

Die SPD-Fraktion will ihre Forderungen zum Wiederaufbau in der kommenden Woche in einem Antrag zusammenfassen und in den Landtag einbringen. Ein weiteres Anliegen ist Kämmerling dabei, die Bagatellgrenze zu erhöhen, von der an etwa Hausrat erstattet wird. Zurzeit liege sie bei 5000 Euro, alles darunter müssten die Opfer selbst tragen: „Das überfordert ärmere Haushalte.“

(kib)
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