Analyse des Wahldebakels NRW-CDU teilt gegen CSU-Chef Markus Söder aus

Düsseldorf · Im größten Landesverband der CDU beginnt die Aufarbeitung des Wahldebakels. Führende Mitglieder finden lobende Worte für Laschet und kritische für seinen Amtskollegen aus Bayern.

 Markus Söder (l.), CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, und Armin Laschet, CDU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen,  bei der Feier der CSU zum 80. Geburtstag von Ex-Parteichef Edmund Stoiber.

Markus Söder (l.), CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, und Armin Laschet, CDU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen,  bei der Feier der CSU zum 80. Geburtstag von Ex-Parteichef Edmund Stoiber.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Führende Mitglieder der NRW-CDU haben Armin Laschet bestärkt, den Übergang zu einer neuen Parteiführung zu moderieren. „Dass Armin Laschet versucht, den Prozess zu moderieren, ist richtig. Natürlich ist der Erfolg nicht garantiert“, sagte der Chef der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Günter Krings, unserer Redaktion. „Aber nachdem wir es zwei Mal mit strittigen Abstimmungen versucht haben, ist es einen ernsthaften Versuch wert, so ein stabileres Ergebnis zu erzielen.“

Ähnlich äußerte sich der Generalsekretär der NRW-CDU, Josef Hovenjürgen: „Ich hoffe, dass sich der moderierte Prozess in NRW im Bund wiederholen lässt. Ich halte einen solchen gelenkten Übergang mit einem gemeinsamen Vorschlag unter breiter Beteiligung der Union für einen wünschenswerten Weg.“ Die CDU müsse handlungsfähig bleiben.

Krings nannte es „auffällig“; dass sich die Personaldebatte erneut vor allem auf Kandidaten aus NRW konzentriere. „Um deutlich zu machen, dass die CDU viele starke Landesverbände hat, wäre es sicher kein Nachteil, wenn auch jemand aus einem anderen Landesverband sein oder ihr Interesse bekunden würde.“

Hovenjürgen zufolge hätten die beiden letzten Suchen nach einem Bundesvorsitzenden mit reger Beteiligung von NRW-Kanidaten dem Landesverband „unglaublich viel Kraft abverlangt, nicht in Lager zu zerfallen und beieinander zu bleiben. Das ist aber gelungen und das ist insbesondere ein Verdienst von Armin Laschet“.

Krings forderte, man müsse gerade in der Phase einer solchen Neuaufstellung besser und strukturierter mit den Mitglieder kommunizieren. „Eine Mitgliederbefragung ist aber alles andere als ein Allheilmittel“, warnte er. „Damit haben wir in der CDU nicht immer gute Erfahrungen gemacht und die SPD hat ihren aktuellen Wahlerfolg nicht wegen, sonder trotz der Mitgliederentscheidung über den Parteivorsitz erzielt.“

Der Vorsitzende des einflussreichen CDU-Bezirks Ruhr, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen, verlangte, dass die Personalentscheidung schnell getroffen werden müsse – „am besten noch in diesem Jahr“. Dabei müssten die Mitglieder beteiligt werden. „Und es sollte ein echter Generationenwechsel stattfinden, bei dem muss und kann Jens Spahn eine starke Rolle spielen“, sagte Kufen mit Blick auf den Bundesgesundheitsminister und CDU-Vize.

Hovenjürgen warnte vor einem unmoderierten Machtkampf. „Das würde die Union zu sehr in Anspruch nehmen. Es bedarf deshalb auch der Kompromissfähigkeit derjenigen, die jetzt da in Rede stehen.“  Und es müsse wieder möglich sein, dass man miteinander vertraulich rede. „Zuletzt musste man ja leider den Eindruck gewinnen, dass da viele ihr Ego über das Wohl der Partei gestellt haben. Das haben wir zuletzt in den Sondierungsgesprächen erlebt“, so der Generalsekretär.

Der Landesvorsitzende des Arbeitnehmerflügels CDA, Dennis Radtke, nannte die Lage der Bundespartei so dramatisch wie das Wahlergebnis selbst. „Im Wahlkampf ist vieles schief gelaufen. Bei den sozialen Themen haben wir die PS nicht auf die Straße gebracht und haben folgerichtig an SPD und Grüne 2,5 Millionen Stimmen verloren.“ Natürlich habe Laschet einen großen Anteil an diesen Fehlern und am Ergebnis. „Wir sind aber als zerstrittene Partei wahrgenommen worden, und Streit wird nicht gewählt. Gerade hierfür tragen viele bundesweit die Verantwortung, gerade auch in Bayern. Eine Fehleranalyse und Neuaufstellung darf sich nicht nur auf die CDU beschränken. Auch über unser Verhältnis zur CSU muss dringend geredet werden“, so Radtke.

Auch Krings sieht die Rolle der CSU kritisch: „Markus Söder hat in den vergangenen Tagen eine schlechte Rolle gespielt. Als Vorsitzender der CSU hätte er nach weiteren Gesprächen eine Koalition mit guten Argumenten an inhaltlichen Differenzen scheitern lassen können. Diesen Gesprächen jetzt schon weitgehend die Grundlage zu entziehen, war deshalb weder nötig noch hilfreich. Das lässt uns jetzt als handlungsunfähig dastehen und lenkt ab von der dringend nötigen inhaltlichen Auseiandersetzung mit dem absehbaren Linkskurs eines Ampelbündnisses, insbesondere in Sicherheits- und Migrationsfragen.“

Natürlich wisse Laschet, wann er sein Parteiamt für einen Nachfolger freimachen müsse, sagte der Landesgruppenchef. „Zum jetzigen Zeitpunkt würde uns ein plötzlicher Rückrtitt aber viele Wochen führungslos und handlungsunfähig machen. Und das zu einem Zeitpunkt, wo Koalitionsverhandlungen erst beginnen.“ Er könne nicht erkennen, dass das ein strategisch kluger Einstieg in die Neuaufstellung der Union wäre. „Auch die Bürgerinnen und Bürgern würden das kaum als Ausdruck von Verantwortungsbereitschaft für unser Land ansehen.“

Rückendeckung erhielt Laschet auch von seinem designierten Nachfolger in NRW.  Landesverkehrsminister Hendrik Wüst erklärte, gute Politik lebe nicht nur von richtigen Entscheidungen, sondern auch von einem richtigen Umgang miteinander. „Jeder, der da in den letzten Woche agiert hat, sollte sich prüfen, ob er diesem Maßstab gerecht wird. Ich habe da an der einen oder anderen Stelle durchaus Zweifel“, sagte Wüst. Christlich Demokratische Union müsse sich auch im Umgang zeigen. „Da gibt es sicher Luft nach oben“.

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