Maulkorb für Kölner Bezirksverwaltung? Ärger um Hilfen für Flutopfer

Düsseldorf · Das Land hat der Bezirksregierung Köln untersagt, eigenständig über die Auszahlung von Wiederaufbauhilfen zu informieren. Die Opposition wittert darin einen Maulkorb. Das Ministerium spricht von üblicher Verwaltungspraxis.

 Ina Scharrenbach (CDU), Kommunalministerin von Nordrhein-Westfalen, im NRW-Landtag in Düsseldorf.

Ina Scharrenbach (CDU), Kommunalministerin von Nordrhein-Westfalen, im NRW-Landtag in Düsseldorf.

Foto: dpa/Sophie Brössler

Neuer Ärger für NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU). Nach dem Wirbel um ihre Teilnahme an einer Geburtstagsfeier auf Mallorca kurz nach der Flut stellen sich nun Fragen hinsichtlich der öffentlichen Darstellung der Wiederaufbauhilfen. Offenbar verbot ihr Staatssekretär Jan Heinisch (CDU) den Bezirksregierungen, direkt mit Medien über die Gelder zu kommunizieren: „Sämtliche Informationen an die Öffentlichkeit, also zum Beispiel die Beantwortung von Presseanfragen, Pressemitteilungen oder sonstige Statements gegenüber der Presse, die das Thema Wiederaufbau betreffen, sind im Vorfeld der Pressestelle des Ministeriums vorzulegen“, schreibt Heinisch. Auch die Beantwortung von Anfragen von Kommunen, Kreisen sowie sonstigen Personen oder Institutionen im Bereich Wiederaufbau seien dem Ministerium zur Freigabe vorzulegen.

Öffentlich spricht das Ministerium bislang von „Anträgen in Bewilligung“. Das bedeutet aber, dass noch gar keine Mittel geflossen sein müssen. Daran stört sich beispielsweise SPD-Fraktionsvize Christian Dahm: „Seit Monaten wollen wir von Kommunalministerin Scharrenbach wissen, wie hoch die tatsächliche Anzahl der bewilligten Anträge auf Fluthilfe ist.“ Aber nie habe man eine Antwort darauf bekommen. „Offenbar sollten selbst nachgeordnete Behörden die Zahlen nicht rausgeben und wurden mit einem Maulkorb versehen. Das kann nur eins bedeuten: Die Zahl der tatsächlich bewilligten Anträge war nicht so gut, wie die schwarz-gelbe Landesregierung die ganze Zeit vermitteln wollte“, so Dahm. Man müsse den Eindruck gewinnen, dass durch Wortschöpfungen der Ministerin offenbar das schlechte Verfahren und die niedrigen Zahlen geschönt werden sollten.

Ein Sprecher des Ministeriums bezeichnete die Anweisung an die Bezirksregierungen als „übliche Verwaltungspraxis“. Am Stichtag 8. April hätten für Privathaushalte und Unternehmen der Wohnungswirtschaft 15.790 Anträge vorgelegen, „von denen 15.300 „geprüft/bewilligt“ seien. 490 Anträge seien noch ungeprüft. „Geprüft/bewilligt bedeutet: Ein im System eingestellter Antrag wird spätestens nach zwei Wochen vorgeprüft. Bei zurückgegebenen Anträgen muss der Antragstellende noch fehlende Ergänzungen vornehmen“, so der Sprecher. Es hänge vom Antragstellenden selbst ab, wie schnell der Antrag erneut ins System eingestellt werde: „Das kann an einem Tag sein, das kann auch längere Zeit in Anspruch nehmen.“ Bewilligt sei bewilligt, und dies umfasse derzeit rund 402,8 Millionen Euro, „die sich in der Auszahlung befinden“.

Dabei wäre es problemlos möglich, die konkreten Zahl vollzogener Bewilligungen zu nennen, wie Recherchen unserer Redaktion zeigen. Demnach enthalten Daten des Portals „Wiederaufbau NRW“ den Passus Bewilligung. Zum vom Ministerium genannten Stichtag waren dies knapp 12.900 der 15.792 Anträge.

Dass es nicht ruckelfrei läuft, räumt das Ministerium indirekt ein. Im Februar und März seien Antragsteller angeschrieben worden, um sie über die digitalen Möglichkeiten des Online-Mittelabrufs und des Online-Verwendungsnachweises zu informieren. Dabei seien auch diejenigen angeschrieben worden, von denen seit Längerem keine Reaktion auf die Ergänzungsbitte der Prüfer erfolgte. „Ziel dieser Mailing-Aktion war es, zu klären, ob angelegte Anträge aufrecht erhalten werden, oder Hemmnisse bestehen, die einer Unterstützung bedürfen“, so der Sprecher. Derzeit befinde sich eine Überarbeitung der Förderrichtlinie in der Abstimmung mit den Ressorts der Landesregierung: „Nach Abstimmung werden im Rahmen einer postalischen Mailing-Aktion alle Antragstellenden mit einem Informationsblatt angeschrieben, welches Informationen für die Antragstellung, die Feststellung des Förderanspruches, Informationen zum Auszahlungsverfahren und Informationen über die Situation bei Erbschaften oder Verkauf enthält.“

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