Ex-SS-Mann scheitert vor Gericht

Eschweiler (dpa) Zwei niederländische Journalisten sind von dem Vorwurf freigesprochen worden, mit dem heimlichen Filmen des Nazi-Verbrechers Heinrich Boere gegen deutsche Gesetze verstoßen zu haben. Ein Gericht in Eschweiler bei Aachen gab ihnen gestern darin recht, dass das öffentliche Informationsinteresse und das der Angehörigen der von Boere Getöteten höher einzustufen sei als das Persönlichkeitsrecht. Die Journalisten Jan Ponsen und Jelle Visser hatten zuvor betont, sie seien nicht davon ausgegangen, dass es sich bei der Verwendung der Tondokumente um eine Straftat handele. Auch die Staatsanwaltschaft erklärte Boere zu einer "Person der Zeitgeschichte" und die ohne Zustimmung aufgenommenen Tonaufnahmen als "historisches Dokument" und plädierte daraufhin auf Freispruch.

Der 90 Jahre alte einstige SS-Mann Heinrich Boere verbüßt mittlerweile in einem Gefängnis-Krankenhaus in NRW eine lebenslange Haftstrafe wegen dreifachen Mordes. Er hatte jahrzehntelang unbehelligt in Deutschland gelebt, obwohl er in den Niederlanden bereits kurz nach dem Krieg als Mörder verurteilt worden war. 1944 hatte er in den von Deutschland besetzten Niederlanden Zivilisten erschossen. 2009 besuchten ihn die beiden Reporter des niederländischen Fernsehmagazins "EenVandaag" im Altenheim in Eschweiler und befragten ihn mit versteckter Kamera. Dafür wurden sie von Boeres Anwalt angezeigt. Die Anklageerhebung stieß in den niederländischen Medien auf Verwunderung und erhebliche Kritik.

Die Tochter eines der Opfer von Boere, Anny Schröder Schilte, sagte im Fernsehmagazin "EenVandaag", sie sei den beiden Reportern dankbar, weil der Täter erst durch ihre Reportage für sie ein Gesicht bekommen habe. Das sei für sie wichtig gewesen.

(RP)
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