Surreale Szenen im FFT Juta

Die Existenz eines freien Willens ist in den letzten Jahren aus neurobiologischer Sicht massiv in Frage gestellt worden. Thomas Manns Figur Cipolla äußert sich in der Novelle "Mario und der Zauberer" dazu folgendermaßen: "Die Freiheit existiert, und auch der Wille existiert; aber die Willensfreiheit existiert nicht, denn ein Wille, der sich auf seine Freiheit richtet, stößt ins Leere."

Jo Fabian vom Theater an der Ruhr aus Mülheim inszeniert diese Leere in seinem Stück "Es brennt", das jetzt im FFT Juta zu sehen ist, frei nach Motiven von Mann, Kafka, Sartre und Freud. Drei Männer – identisch mit Anzug, Spazierstock, Sonnenbrille und Hut ausstaffiert – befinden sich in einem Raum, der Gefängnis, Hölle oder auch psychiatrische Anstalt sein mag. Sie versuchen scheinbar Widerstand gegenüber ihrer Ärztin, einer klumpfüßigen Mischung aus Dr. Mabuse und Freudschem Über-Ich. Kurze Realitätseinbrüche durch ferne Schüsse oder einen weißen Ball, der unvermutet auf die Bühne geworfen wird, lassen die Männer innehalten, als ob sie sich ihrer ausweglosen Situation bewusst würden.

Doch dann beginnen die inhaltsleeren Schuldzuweisungen und Diskussionen von Neuem. Das verbale Aufbegehren der Protagonisten bleibt in förmlichen Phrasen und Gesten stecken, hinter denen das Individuum verschwindet. Die diabolische Ärztin und die Stimme des Regisseurs aus dem Off bestimmen die Handlung. Gibt es kein Entrinnen?

Inhaltlich irgendwo zwischen der "Truman Show" und Sartres "Das Spiel ist aus" fällt Fabians Fazit ziemlich pessimistisch aus. Was fasziniert, sind die beeindruckende Präzision der Schauspieler, die surreale Bildsprache Fabians und der hypnotisch intensive Soundtrack.

Letzte Vorstellung heute um 20 Uhr im FFT Juta, Kasernenstraße 6

(RP)
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