Bucht mit Aroma

Einmal tief durchatmen: Arcachon lockt nicht nur mit Europas höchster Wanderdüne, sondern auch mit einer ganz besonderen Luft.

Frühmorgens hat man die Düne für sich allein. Der Sand fühlt sich noch kühl an unter den Füßen. In der Bucht von Arcachon liegt das Wasser platt wie ein Spiegel. Aber das beste ist die Luft: ein würziger Duft aus dem Harz der Pinienwälder vermischt mit der Salzluft des Meeres. "Diese Luft ist Balsam für die Seele", schwärmt Mariem Naoui. Die Politik- und Biologiestudentin arbeitet für das Informationszentrum der Düne und beschäftigt sich mit der Organisation von Naturschutz und Besucherandrang. Jedes Jahr kraxeln etwa zwei Millionen Menschen auf die "Dune de Pilat" im Naturschutzgebiet Landes de Gascogne an der Westküste Frankreichs. Mit 110 Metern ist sie die höchste Wanderdüne Europas.

"Wir wollen die Urlauber animieren, hier oben ihre Sinne zu benutzen: den Wind fühlen, das Salz schmecken, das Harz riechen", sagt die 29-Jährige. Oft wird sie von Interessierten angesprochen. Dann setzt sie sich in den Sand schiebt ihn von links nach rechts und wieder zurück und erklärt dabei, wie die Düne - deren Sand nicht etwa aus der Sahara, sondern aus dem Zentralmassiv stammt - aufgrund von Wind und Meeresströmung Richtung Wald rollt. "Jedes Jahr legt sie dabei ein bis 5,5 Meter zurück." Schließlich zeigt sie hinüber auf die vorgelagerte Sandbank, auf ein kugeliges Gebäude, das wie ein übergroßer halber Golfball aussieht. "Dort in der Hütte habe ich zwei Wochen lang verbracht und Wasservögel beobachtet." Denn die Banc d'Arguin ist ein bedeutendes Brutgebiet für Brandseeschwalben.

Für Forscher ist die sich ständig verändernde Düne eine Schatztruhe, da immer wieder fossile Schichten freigelegt werden, aus denen man Klimaveränderungen vergangener Perioden erkennen kann oder die Aufschluss über das Leben zu früheren Zeiten geben. Archäologen haben Reste von Tontöpfen gefunden, mit denen Einheimische schon im 19. Jahrhundert das Harz der Strandkiefern ernteten.

Im Laufe der Jahrhunderte lobten immer mehr Ärzte die Heilwirkung der harzigen Seeluft, und so entwickelte sich aus der Sommer-Urlaubs-Region bald auch ein Winterreiseziel für reiche Lungenkranke. Dafür baute man auf dem Hügel in der benachbarten Stadt Arcachon hübsche Chalets nach Schweizer Vorbild und nannte den Stadtteil fortan Winterstadt. Auch Kaiserin Sisi kurte eine Zeit lang in Arcachon. Die breiten Stadtstrände mit ruhigem Wasser sind heute beliebtes Urlaubsziel für Familien und junge Leute. Wer hohe Wellen will, fährt mit dem Ausflugsschiff hinüber zur Halbinsel Cap Ferret, die wie ein Zeigefinger parallel zur Düne liegt, umrandet von feinem Sand. An der Außenkante brüllt der Atlantik seinen Schaum vor die Füße der Gäste. An der Innenseite dümpelt das Wasser friedlich wie in einer ablaufenden Badewanne. Wenn die Ebbe die Austernbänke freilegt, kann man den Austernbauern bei der Arbeit zusehen.

Dank der guten Aufzuchtbedingungen im Arcachon-Becken schmecken sie hier nicht so fischig-salzig wie anderswo. Traditionell isst man sie in der Region mit gegrillter Bratwurst. Doch auf Cap Ferret haben die Austernbauer keine Lizenz zum Kochen und servieren sie mit Brot. Das Austerngeschäft läuft gut, da am Zipfel vom Cap Ferret Reiche und Prominente einen Rückzugsort gefunden haben.

Radelt man hinter der Düne ein Stück durch den Wald, trifft man womöglich Luc Leneveu. Er und seine Kollegen haben eine schonende Art gefunden, das Harz der Seekiefern zu melken. Es enthält besonders wertvolle ätherische Öle, die für die Herstellung von Salben und Duschölen in der Aroma- und Atemtherapie verwendet werden. Die Redaktion wurde von www.tourisme-aquitaine.de zu der Reise eingeladen.

(RP)
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