Licht am Ende der Welt

Die 45 Kilometer lange Halbinsel Fischland-Darß-Zingst trennt den Bodden von der offenen Ostsee. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zieht es vor allem Künstler hierher, die sich von der Idylle inspirieren lassen.

Es ist das Licht, das Künstler seit mehr als 125 Jahren nach Ahrenshoop zieht. Die Künstlerkolonie feierte gerade erst Jubiläum. Ostsee und Bodden liegen dort besonders dicht beieinander, und das führt zu intensiven Reflexionen auf dem nur wenige Hundert Meter breiten Landstreifen dazwischen. "Als die ersten Künstler 1892 herzogen, gab es noch keine Straße. Für sie war es das Ende der Welt - pure Idylle", erzählt Bürgermeister Hans Götze, als freischaffender Maler einer der 15 Künstler unter den rund 650 ständigen Einwohnern. Im Künstlerhaus Lukas, einst vom Oldenburger Maler Paul Müller-Kaempff gegründet, dürfen sich heute gestandene Künstler aller Genres, die eines der jährlich 60 begehrten Arbeitsstipendien erhalten haben, für jeweils einen Monat inspirieren lassen.

Das 1650 erbaute und in seiner ursprünglichen Form erhaltene Dornenhaus inmitten der Ahrenshooper Künstlerkolonie ist eines der ältesten Häuser der Region. Friedemann Löber fertigt dort seine charakteristische blaugraue Fischland-Keramik mit aufwändiger Glasur- und Ritztechnik, dekoriert mit Libelle, Kranich oder anderen Motiven mit regionalem Bezug. Er und seine Frau Renate, die im vorderen Teil eine Galerie betreibt, haben 1995 das damals verfallene Haus einer Hamburger Erbengemeinschaft mehr oder weniger abgebettelt und anschließend zwei Jahre lang größtenteils selber saniert.

Nur ein Stuhl trennt die Galerie vom privaten Wohnbereich der Löbers ab, die bäuerliche Küche ist für Besucher gut einsehbar. "Für uns stand von Anfang an fest, dass wir dieses denkmalgeschützte Haus nicht versauen werden", erklärt Renate Löber. Keine Zwischenwand also, so dass die zahlreichen Urlauber, die auch durch den Skulpturengarten flanieren dürfen, quasi mit zur Familie gehören.

Der Ortsteil Althagen mit seinem idyllischen kleinen Hafen, in dessen Wasser im Sommer die Zeesenboote schaukeln und zum Mitsegeln einladen, zählt noch zu Mecklenburg. Das für seine köstlichen, handgefertigten Torten bekannte Café Namenlos im Ortskern von Ahrenshoop liegt schon in Vorpommern. "Wir backen jeden Morgen 18 verschiedene Sorten, verwenden vorwiegend regionale Zutaten und produzieren dafür sogar eigenes Marzipan", sagt Haus-chef Roland Fischer. Die Liebe zum Detail geht sogar so weit, dass das Rosenwasser fürs Marzipan aus dem eigenen kleinen Rosengarten gewonnen wird.

Weiter in Richtung Osten beginnt der Darß. Dessen naturbelassener Weststrand, Teil des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft, wird in seiner Urwüchsigkeit und Abgeschiedenheit immer wieder zu den schönsten Stränden Europas gezählt. Zu dem rund 14 Kilometer langen Sandstrand, den die Kräfte der Natur mit Ästen und auch kompletten, entwurzelten Bäumen immer neu gestalten, gelangt man allerdings erst nach einer kleinen Wanderung durch den Darßer Urwald. Auch der nördlichste Punkt der Halbinsel, Darßer Ort, ist nur zu Fuß, per Fahrrad oder in diesem Fall per Pferdekutsche ab Prerow zu erreichen.

Einzigartig und auf der gesamten Halbinsel zu entdecken sind die "Darßer Türen", eine rechtlich geschützte Bezeichnung der Prerower Kunsttischlerei Roloff. Ihren Ursprung hat diese farbenfrohe Kultur in der Segelschifffahrtszeit ab dem späten 18. Jahrhundert. Damals wollten die Darßer Seefahrer ihren neuen Wohlstand zeigen. "Die originalen Türen entstanden zwischen 1790 und 1850 - da war der Klassizismus angesagt", sagt René Roloff. Kantige Formen und gerade Linien gab es nun also auch auf Darßer Haustüren, allerdings mischte sich der in der Gegend verbreitete Aberglaube hinein, und zwar in Form von symbolträchtigen Ornamenten, die vor dem Bösen schützen sollten. Viele der historischen Türen fielen ab Mitte des 19. Jahrhunderts dem Abbruch zum Opfer. Erst 1931 besann sich der damalige Bürgermeister der alten Tradition und ließ beim Neubau des Gemeindehauses eine Tür nach historischem Vorbild anfertigen - durch die Tischlerei Roloff. Heute restauriert der Familienbetrieb von 1832 längst nicht nur historische Darßer Türen, sondern fertigt vor allem neue nach alter Tradition.

Die Redaktion wurde vom Travel Charme Hotel eingeladen.

(RP)
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