Vatertag Nächtlicher Putzdienst im Kinderladen

Aus dem Kindergarten bringt der Sohn Krankheiten mit. Irgendwann müssen seine Eltern akzeptieren: Wegen Halsschmerzen zu klagen, lohnt sich nicht.

David ist nun seit sechs Wochen im Kindergarten, seither habe ich mich nur an zwei Tagen gesund gefühlt. Er bringt fast täglich neue Viren, Keime und Bakterien mit: Bindehaut-Entzündung, Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Schnupfen. Wenn Sandra fragt, wie es mir geht, und ich habe bloß Halsschmerzen, sage ich: "Eigentlich super." Halsschmerzen zählen bei uns nicht mehr. Wegen Halsschmerzen zu klagen, lohnt sich nicht.

Manchmal frage ich mich, wie die Menschheit überleben konnte. Vor allem früher, als es noch nicht Umckaloabo gab, Aspirin Complex und Wick Medinait. Jemand muss das mal recherchieren: Besteht zwischen der Erfindung von Kindergärten und dem Boom nicht verschreibungspflichtiger Medikamente ein Zusammenhang?

Es gibt bei unserem Kindergarten einen Härtefall: David besucht einen Kinderladen. Die Eltern organisieren alles selbst. Auch das Putzen. Jedes Elternpaar muss vier Mal im Jahr jeweils eine Woche jeden Abend putzen. Da Sandra oft nach Berlin pendelt, geht das bei uns so: Kindermädchen bestellen, damit ich wischen kann. Fies wird es, wenn ich nach beruflichen Terminen ran muss. Neulich schloss ich nach einem Konzert den Kinderladen auf. Es war halb eins in der Nacht, und ich wusste, ich würde mir dort irgendetwas einfangen. Und wenn es nur Halsschmerzen wären.

Wer nun denkt, das sei ja fürchterlich, ein bisschen irre auch, hat noch nie nachts in einem Kinderladen aufgeräumt. Es gibt nichts Herzerwärmenderes als den Anblick der Garderobe, an der über jedem Kleiderhaken ein Tiersymbol klebt, damit die Kinder ihre Sachen wiederfinden. Zu David gehört die Katze, und als ich sie sah, musste ich schmunzeln.

Vielleicht ist es genau das, was die Menschheit überleben lässt: die bescheuerte Rührseligkeit der Eltern.

(RP)
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