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Amüsante Satire: „Late Night“ mit Emma Thompson und Mindy Kaling.

(kna) Emma Thompson spielt Katherine Newbury, seit 28 Jahren Gastgeberin einer Talkshow, wie sie jeder US-amerikanische Fernsehsender, das etwas auf sich hält, seinem Publikum vor dem Einschlafen anbietet. Eine gewisse Steifheit und Eingenommenheit von sich selbst kann und will Newbury auch nach so langer Zeit in den USA nicht ablegen. So sind ihre Späße und ihre Hochnäsigkeit längst in jener professionellen Routine erstarrt, ohne die keine Talkshow existieren kann.

Ihr Publikum aber hängt an ihr und nimmt ihr nicht übel, dass sie mit Twitter nichts anzufangen weiß und mit Feminismus nichts zu tun haben will. Newburys Scherze sind gut, aber immer noch dieselben wie einst, als man ihr die Show anvertraut hat. Mit dem Generationenwechsel der Zuschauer, den sie nicht zur Kenntnis nimmt, bewegen sich indes ihre Quoten in den Keller. Für ihre Vorgesetzten reicht es nicht mehr, dass sie eine Institution ist. Man beginnt ihr übelzunehmen, dass sie nur Männer als Gag-Schreiber beschäftigt und nicht einmal deren Namen kennt. Ihre Tage beim Network sind gezählt.

Bis eine junge, dralle Repräsentantin der von Newbury arrogant übersehenen Generation zu dem Team stößt. Bisher hatte die „Effizienzexpertin“ eines Chemiekonzerns mit Fernsehen wenig am Hut. Das hält sie aber nicht davon ab, sich frech und ohne Scheu um eine freie Stelle bei der festgefahrenen Talkshow zu bewerben.

Schnell zeigt sich: Sie ist genau das, was Newburys Sendung braucht. Ihr fallen immer die richtigen Sätze ein, die die Talkmasterin sagen müsste, wenn sie Kontakt mit den Twitter-Anhängern aufnehmen wollte. Molly heißt die quicklebendige Neue, die Newbury am liebsten übersehen würde – nicht zuletzt, weil sie an ihre verschütteten weiblichen Instinkte appelliert. Plötzlich wird sogar in ihrem Privatleben der aufs Abstellgleis geschobene Ehemann, ein im Ruhestand vereinsamter und an Parkinson erkrankter Professor, wieder relevant.

Die amerikanische Stand-Up- und Fernsehkomikerin Mindy Kaling spielt nicht nur Molly, sondern ist auch die Autorin dieser Komödie über das Fernsehen und dessen Unarten. Da es Neil Simon und Nora Ephron nicht mehr gibt, muss man sich etwas bescheiden. Die von Nisha Ganatra inszenierte Komödie hat von den großen Vorbildern gelernt, auch wenn sie deren Niveau nicht erreicht. Der Film besitzt Energie und Witz und zwei konkurrierende Hauptrollen, die sich nicht im Wege stehen, sondern mit Genuss ein herzhaftes Pingpong-Spiel aufführen, das den Film mehr trägt als die eigentliche Handlung.

Kaling ist am besten, wenn sie Pointen setzen kann, nicht wenn es um den Anspruch geht, neben dem Fernsehalltag auch soziale Gegebenheiten zu reflektieren. Um den Hintergrund für Newburys Story zu finden, stürzt sich Kaling auf eine Vielzahl von Randbeobachtungen, die von der aktuellen Kulturszene und dem Feminismus bis zur Quotendiktatur des Fernsehens reichen. Die Komödie wird darüber zur Satire – und die Satire zur Komödie.

Der Zuschauer findet sich damit ab, solange es Spaß macht. Und es macht ziemlich lange Spaß, bis die Hauptbestandteile der Story sich zu wiederholen beginnen. Schon Curt Goetz wusste, dass in der Kürze die Würze aller Komik liegt. Das muss Mindy Kaling noch lernen, will sie nicht eines Tages wie Katherine Newbury enden.

Late Night, USA 2019 – Regie: Nisha Ganatra, mit Emma Thompson, Mindy Kaling, John Lithgow, 102 Min.

(kna)
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