Neuer Film von Quentin Tarantino Worum geht es eigentlich bei „Once Upon a Time ... in Hollywood“?

Düsseldorf · „Once Upon a Time . . . in Hollywood“ spielt vor dem Hintergrund der Charles-Manson-Morde. In erster Linie ist der sehenswerte Film aber eine Liebeserklärung an die Fernsehkultur jener Jahre. Und die Star-Dichte ist enorm.

 Leonardo DiCaprio (M.) als Rick Dalton, Brad Pitt (l.) als Cliff Booth und Al Pacino als Marvin Schwarzs in „Once Upon A Time In . . . Hollywood“.

Leonardo DiCaprio (M.) als Rick Dalton, Brad Pitt (l.) als Cliff Booth und Al Pacino als Marvin Schwarzs in „Once Upon A Time In . . . Hollywood“.

Foto: dpa/-

In der Nacht des 8. August 1969, also vor genau 50 Jahren, verschafften sich Mitglieder der Hippie-Sekte „Manson-Family“ Zugang zu einer Villa am Cielo Drive in Los Angelas, die von Regisseur Roman Polanski und seiner Lebensgefährtin Sharon Tate bewohnt wurde. Die Eindringlinge ermordeten die hochschwangere Frau und deren ungeborenes Kind sowie vier weitere Besucher des Hauses auf brutale Weise.

In der US-Zeitgeschichtsschreibung gelten die Morde als historischer Wendepunkt, an dem die amerikanische Flower-Power-Bewegung ihre Unschuld verloren hat, auch wenn sie nur sieben Tage später beim Festival in Woodstock noch einmal ihre Friedfertigkeit demonstrierte. Nun hat sich Quentin Tarantino in seinem neuen Film „Once Upon a Time...in Hollywood“ des Vorfalls angenommen, aber er spielt das historische Ereignis nur über Bande an. Zunächst einmal geht es dem bekennenden Filmenthusiasten um eine Liebeserklärung an die blühende US-Fernsehkultur jener Jahre. Es ist die Zeit der großen Western-Serien, von denen es damals nur bescheidene Ableger wie „Bonanza“ oder „Shiloh Ranch“ in die deutschen Flimmerkisten schafften. In den USA war das Genre-Spektrum deutlich weiter gefächert.

Im Zentrum der Erzählung steht der (fiktive) Schauspieler Rick Dalton (Leonardo DiCaprio), der es als Star der Kopfgeldjäger-Serie „Bounty Law“ zu Ruhm, Reichtum und Alkoholabhängigkeit gebracht hat. Als die Serie abgesetzt wird und Ricks erster Kinoauftritt floppt, wird der erfolgsverwöhnte Schauspieler nur noch als Schurke für einzelne Folgen engagiert, in denen andere Hauptdarsteller in der Gunst des Publikums stehen. Sein Manager (Al Pacino) versucht Rick zu einem neuen Karrierestart in den aufkommenden Spaghetti-Western zu motivieren. Aber italienische Western? Das ist unter seiner Würde.

Ricks einziger Freund ist sein Angestellter Cliff Booth (Brad Pitt). Der Kriegsveteran arbeitete früher als Stunt-Double, wenn es für Rick zu gefährlich wurde. Heute kutschiert er den Auftraggeber, der seine Fahrerlaubnis versoffen hat, durch die Gegend und übernimmt die Hauswartstätigkeiten im großzügigen Anwesen am Cielo Drive. Gleich nebenan wohnen Sharon Tate (Margot Robbie) und der berühmte Roman Polanski, dessen Bekanntschaft Rick nur zu gerne einmal machen würde.

In lässigem Erzähltempo folgt Tarantino dem Alltag der beiden Männer, die sich auf sehr unterschiedlichen Stufen in der Hollywood-Hierarchie bewegen. DiCaprio, der die weinerliche Egozentrik des kriselnden Stars lustvoll mit großen Gesten ironisiert, und Pitt, der so überzeugend wie immer den saucoolen Hund spielt, ergeben ein wunderbares Kontrastpaar. Tarantino weiß mit den Image-Profilen seiner beiden Stars zu spielen. Da wird Brad Pitt auch schon mal ohne erkennbare Plotrelevanz zur Antennen-Reparatur aufs Dach geschickt. Lässig schlingt er den Werkzeuggürtel um die Hüften, entledigt sich angesichts der Hitze seiner Obertrikotage und darf zeigen, dass er auch unter dem T-Shirt immer noch ein schöner Mann ist, der entspannt auf seine jungen Jahre als Jeans-Model zurückblicken kann.

Souverän tragen DiCaprio und Pitt die scheinbar episodische Erzählstruktur, die im Verlauf der 160 Kinominuten fast unmerklich Fahrt aufnimmt und auf den zugrunde liegenden Kriminalfall zuläuft. Allmählich driftet die Hommage an das Hollywood der späten sechziger Jahre in eine fiktionalisierte Rekonstruktion der Ereignisse, die mit eruptiver Gewalt den entspannten Grundton des Filmes in der letzten halben Stunde aushebeln.

Wie oft bei Regisseur Tarantino ist die Drastik dieser Szenen nur sehr schwer auszuhalten, zumal sie hier einmal nicht als Genre-Spielerei ausgewiesen sind, sondern reale Ereignisse spiegeln. Dennoch weigert sich Tarantino, sich mit einer überraschenden Schlusswendung der Wirklichkeit zu beugen – ähnlich wie er es schon in „Inglourious Basterds“ getan hat, wo seine amerikanische Undercover-Truppe eben mal Adolf Hitler über den Haufen schoss.

Auf den extremen Gewaltausbruch folgt ein geradezu zartes Happy End, das in guter, alter Western-Traditon zeigt, dass anders als in der Realität zumindest im Kino die Gerechtigkeit wieder hergestellt werden kann.

Once Upon a Time . . . in Hollywood, USA, Großbritannien 2019, 165 Min., Regie: Quentin Tarantino, mit Leonardo DiCaprio, Brad Pitt, Margot Robbie.

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