„Die Känguru-Verschwörung“ Romantik-Dinner für Schwurbler

Die erste Verfilmung der „Känguru-Chroniken“ war eine Enttäuschung. Bei der Fortsetzung führt Autor Marc-Uwe Kling nun selbst Regie. Aber auch diese Produktion hat ein Problem.

Dimitrij Schaad als Marc-Uwe und das Känguru in einer Szene des Films „Die Känguru-Verschwörung“.

Dimitrij Schaad als Marc-Uwe und das Känguru in einer Szene des Films „Die Känguru-Verschwörung“.

Foto: dpa/-

Die Erde ist ein Würfel. Deswegen sind schließlich alle Landkarten viereckig. Nur durch die würfelförmige Erde lassen sich die großen Wasserfälle erklären, die sich alle an den Kanten befinden. Die CIA zwingt Astronauten, spezielle Weitwinkelobjektive zu verwenden, um die Erde nicht würfelförmig erscheinen zu lassen. Die wissenschaftlichen Studien, welche die Kugelform scheinbar beweisen, und die Presse, die nicht widerspricht – alle gekauft. Innerhalb kürzester Zeit haben das Känguru und dessen Mitbewohner Marc-Uwe (Dimitrij Schaad) im Asia-Restaurant eine absurde Verschwörungstheorie zusammengebaut, mit der sich eine weithin bekannte wissenschaftliche Tatsache verleugnen lässt. Mit der argumentativen Improvisation versuchen sie Lisbeth Schlabotnik (Petra Kleinert), die unter dem Kampfnamen „Diesel Liesel“ auf ihrem Youtube-Kanal gegen die Existenz des menschengemachten Klimawandels wettert, zur Vernunft zu bringen. Aber so leicht lässt sich die überzeugte Querdenkerin nicht umstimmen.

Im zweiten Känguru-Film begibt sich der Kabarettist und Satiriker Marc-Uwe Kling in die Welt der Verschwörungstheorien. Seine „Känguru-Chroniken“ und die drei Nachfolgewerke, in der sich ein linksradikales, vorlautes Känguru und ein etwas antriebsarmer Kleinkünstler pointierte Wortgefechte liefern, genießen seit vielen Jahren Kultstatus. Regisseur Dani Levy hatte 2020 daraus einen Film gemacht, der aber nicht an die Originalität der Vorlage anschließen konnte. Für die Fortsetzung „Die Känguru-Verschwörung“ zeichnet nun Kling neben dem Drehbuch auch für die Regie verantwortlich. Hier handelt es sich nicht um eine Adaption eines weiteren Känguru-Buches, sondern um die Neuentwicklung eines Original-Filmstoffes, der sich sehr nah an der politischen Gegenwart bewegt.

Zunächst aber segelt der Film etwas beliebig an der episodischen Struktur entlang, die typisch für Klings Känguru-Werke ist, deren einzelne Teile zumeist auf der Bühne, im Radio oder bei Poetry-Slams uraufgeführt wurden. Aber der Besuch in einem Dunkelrestaurant, der auf der schwarzen Leinwand beginnt, oder der kurze Streifzug durchs Sitcom-Genre erscheinen als Filmeinstieg eher ungeeignet und entwickeln nur eine recht begrenzte Komik.

Aber schließlich steuert der Film auf sein eigentliches Thema zu: Mit seiner Nachbarin Marie (Rosalie Thomass) trifft Marc-Uwe eine Wettvereinbarung. Sollte es ihm und dem Känguru gelingen, Maries Mutter Lisbeth aus dem Klimaleugner-Lager herauszuführen, winkt ein gemeinsames, romantisches Dinner in Paris. Sollten sie scheitern, müssten die beiden ihre große Wohnung mit dem alten Mietvertrag gegen Maries Ein-Raum-Behausung tauschen.

Und so macht sich das Duo auf ins ferne Köpenick, wo Lisbeth einen Vortrag zur „Klimalüge“ hält. „Ruhig. Sanft. Fragend.“ So wollen sie auf die versammelten Leugner zugehen, aber natürlich endet die Angelegenheit schon bald im Eklat. Dabei entwickelt der argumentative Schlagabtausch zwischen den beiden Lagern dank Klings pointiertem Wortwitz großen Unterhaltungswert. Und weil sie Lisbeth (und die geliebte eigene Wohnung) nicht aufgeben wollen, folgen die beiden der Zielperson auf die Conspiracy-Convention „Cocon“ nach Bielefeld, wo der Querdenker-Guru Adam Krieger (Benno Fürmann) Verschwörungs-Fans und rechtsradikale Gruppierungen aus ganz Deutschland zusammenführt. Krieger hat sich ein kleines Marketing-Imperium aufgebaut. Dazu gehört ein Webshop, eine Online-Show und sogar eine Dating-Plattform für Querdenker, wo die Beziehungssuchenden ihre Verschwörungspräferenzen anklicken können.

Der Weg zum Event ist etwas beschwerlich, weil hier vom Action-Roadmovie über den Römer- bis zum Horrorfilm im Vorbeigehen noch ein paar Genres persifliert werden müssen. Aber wenn die Reisenden auf dem Kongress ankommen, schießt Kling ein Feuerwerk von satirischen Ideen ab, mit dem ein illustres Arsenal an Konspirationstheorien und verschwurbeltem, braunem Gedankengut vorgeführt wird. Hier zeigt sich Kling in seinem eigentlichen Habitat und verbindet wie in den Känguru-Büchern messerscharfe Parodie, intelligenten Sprachwitz und pure Albernheit miteinander.

Somit kommt „Die Känguru-Verschwörung“ deutlich unterhaltsamer als der enttäuschende Vorgängerfilm daher. Allerdings bleibt auch hier das Grundproblem bestehen: Die episodisch verspielte Erzählstruktur des Känguru-Opus lässt sich auch unter Klings Eigenregie nicht zufriedenstellend mit den dramaturgischen Anforderungen eines Kinofilmes verbinden.

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