Frédéric Beigbeders "Das verflixte 3. Jahr" Wenn ein Zyniker sich verliebt

Der französische Autor Frédéric Beigbeder hat seinen eigenen Roman verfilmt: In "Das verflixte 3. Jahr" verliebt sich der Schriftsteller Marc in die Frau seine Vetters. Dummerweise hat er gerade ein Buch veröffentlicht, in dem er keiner Beziehung mehr als drei Jahre Dauer einräumt.

Wer so wütend ist auf die Welt wie Frédéric Beigbeder, ist eigentlich ein Romantiker. Auf die Idee konnte man schon kommen, als der französische Romanautor vor zehn Jahren "39,90" vorlegte und darin die Werbewelt mit den eigenen Mitteln schlug. Im rasanten Stil eines Slogan-Erfinders erzählte er die wüste Geschichte eines Werbetexters, den seine eigene Branche so anwidert, dass er selbstzerstörerische Exzesse betreibt, um gefeuert zu werden. Stattdessen wird er befördert, als sein Chef sich das Leben nimmt, und so gehen die Exzesse weiter, bis eine Rentnerin tot auf dem Boden ihrer Villa liegt. Zu Aphorismen gedrechselte Konsumkritik war das. Als Beichte wollte Beigbeder, der selbst zehn Jahre in der Szene gearbeitet hat, seinen Roman verstanden wissen — als sein Investment in den Ablasshandel, der auch mal eine florierende Branche war.

Unter die Filmemacher gegangen

Jetzt ist Beigbeder unter die Filmemacher gegangen und hat für sein Debüt als Regisseur gleich einen eigenen Roman verfilmt: "Die Liebe währt drei Jahre" aus dem Jahr 1997. Mutig ist es, gleich mit einer Komödie zu beginnen, denn bekanntermaßen ist das Leichte ja so schwer, dass sich selbst erfahrene Regisseure lieber nicht daran wagen. Beigbeder aber ist eine frische Sommerkomödie gelungen, in der ein Paar erst durch gewisse Turbulenzen zueinander findet, sich im tiefen Krach trennt und den zweiten Anlauf nimmt. Beigbeder erzählt das auf seine Art: mit eloquentem Zynismus, Lust an der Übertreibung und diesem Talent, Zeitgeist in Werbesprüche zu bannen. So entstehen Liebes- und Beziehungsformeln wie diese: "Im ersten Jahr kauft man die Möbel. Im zweiten Jahr stellt man sie um. Im dritten Jahr teilt man sie auf." Oder: "Freundschaft ist wie Liebe ohne Sex — das einzig Interessante lässt man also weg." Oder der wohl beste Satz des Films: "Im 21. Jahrhundert ist Liebe eine unbeantwortete SMS."

Solche Sprüche kennt man natürlich auch aus amerikanischen Komödien — der deutsche Humor ist ja leider träger. Doch bei Beigbeder sind die Slogans schärfer, enttäuschter, vernichtender. Seine Geschichte ist eben keine heimliche Propaganda für die Kleinfamilie in der amerikanischen Provinz, sondern eine sehr europäische Abrechnung mit dem Glück, das schmerzlicherweise das Wesensmerkmal besitzt, flüchtig zu sein.

Kampfansage an die Romantik

Beigbeder erzählt von seinem Alter Ego, dem Literaturkritiker Marc Marronnier, dessen Frau sich gerade hat scheiden lassen. Der Niedergang dieser Beziehung wird gleich im Vorspann im Zeitraffer erzählt. Typische Stationen moderner Liebe werden abgehandelt, als wäre das tragische Ende zwangsläufig, schon das Intro dieses Films ist also eine Kampfansage an die Romantik.

Weil auch der verlassene Marc, gespielt vom jungenhaft-charmanten Gaspard Proust, ein wütender Romantiker ist, schreibt er ein Buch mit der These, dass keine Liebe das dritte Jahr überlebt. Just in jener Zeit verliebt er sich in die Frau seines Cousins, Alice. Die wird von Louise Bourgoin gespielt, die ein wenig übertrieben die unangepasste Geliebte geben muss, doch Beigbeders Vorliebe für schöne Menschen voll erfüllt.

Kurzauftritte von Star-Autoren

Außerdem geben sich einige französische Prominente des Kulturbetriebs die Ehre: Die Literaten Marc Levy, Paul Nizon, Pascal Bruckner, Alain Finkielkraut und Nicolas Rey sind in Kurzauftritten sie selbst, der französische Rapper Joeystarr gibt einen von Marcs smarten Filmfreunden, und Michel Legrand sitzt irgendwann am Flügel und singt einen seiner herzergreifenden Chansons.

Doch zuvor gibt es die tragische Wende. Marc kann die schöne Alice zwar bald für sich gewinnen, weil er Charme besitzt und Humor. Doch dann erscheint sein Beziehungs-Hassbuch. Unter Pseudonym zwar, aber das hält sich nicht lange. Marcs zynische Sicht auf die Liebe wird publik, die Freundin reagiert wie befürchtet. Die Szenen, in denen Marc seine Verlegerin anfleht, seine Identität nicht zu verraten, gehören zu den komischsten des Films, weil diese Verlegerin noch viel abgebrühter ist als der Beziehungsniederschreiber.

Obwohl Beigbeder also das Romantikkomödien-Muster bedient, in seinem Film nur Menschen auftauchen, die aussehen wie Models, und Paris wieder mal die gediegene Kulisse abgibt, hat dieser Film doch anarchischen Charme. Beigbeder hat nun mal Spaß an wirklich beißendem Humor, leistet sich manche optische Spielerei, treibt die Geschichte in ein gutes Tempo. Und Männer, die nichts mehr von der Liebe wissen wollen, sind nun mal die wahren Romantiker.

Bewertung: 3 von 5 Sternen

(RP)
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