Konjunkturprognose Der Weg in die Zukunft wird steinig sein

Meinung | Berlin · Es ist keine besonders rosige wirtschaftliche Zukunft, die die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute für die kommenden Jahre voraussehen. Die Regierung wird den Menschen sagen müssen, dass es weniger zusätzlich zu verteilen gibt.

Ein Arbeiter dirigiert auf einer Baustelle einen Kran.

Ein Arbeiter dirigiert auf einer Baustelle einen Kran.

Foto: dpa/Soeren Stache

Rezessionsphasen, Stagnation oder mageres Wachstum und die Gefahr einer anhaltend höheren Inflation - das ist der unschöne Cocktail, den die Institute angesichts der Demografie, der weltweiten Klimakrise und der notwendigen Dekarbonisierung in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts in Deutschland erwarten. Da fällt die Prognose für die nähere Zukunft im Vergleich noch geradezu tröstlich aus: Die Entwicklung der zurückliegenden Monate sei wegen des milden Winters glimpflicher gewesen als noch im Herbst erwartet, eine tiefere Rezession ausgefallen. Die rückläufigen Energiepreise und höhere Tariflöhne helfen, dass die Wirtschaft in diesem Jahr etwas mehr zulegen kann als bisher angenommen. Und weil die Preise weiter sinken dürften, sind laut der Prognose im nächsten Jahr immerhin 1,5 Prozent Wachstum drin.

Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik stehen wegen der Parallelität von Demografie und Transformation vor enormen Herausforderungen. Die Ökonomen empfehlen der Politik, den Menschen lieber reinen Wein einzuschenken statt ihnen mit neuen Förderprogrammen zu suggerieren, dass niemand im Stich gelassen wird. Die Verteilungskämpfe werden härter werden, weil der Kuchen nicht mehr so schnell wächst.

Dem Finanzminister empfehlen die Institute, seinen Kurs durchzuhalten und die Schuldenbremse unbedingt einzuhalten. Das dürfte im aktuellen Haushaltsstreit Wasser auf die Mühlen von Christian Lindner sein. Wie der Liberale sehen die Ökonomen die Probleme nach Corona- und Energiekrise auf der Angebots- und nicht auf der Nachfrageseite. Konjunkturprogramme würden die Inflation nur weiter anheizen. Zudem gebe es mit den Sondervermögen bereits große Finanz-Töpfe, aus denen sich die klamme Regierung bedienen kann.

Dem Wirtschaftsminister rufen sie zu, dass er seine Idee eines staatlich heruntersubventionierten Industriestrompreises besser fallen lassen soll. Die Dekarbonisierung kann aus Sicht der Ökonomen nur funktionieren, wenn der Preismechanismus eben nicht an entscheidender Stelle außer Kraft gesetzt wird. Energieintensive Unternehmen, die sich die hohen Industriestrompreise nicht leisten können, müssten dann eben dem Strukturwandel zum Opfer fallen – so brutal sind eben Ökonomen. Dazu wird die Regierung nicht den Mut haben. Der Preis dafür wird aber sein, dass die CO2-Emissionen langsamer und im geringeren Umfang zurückgehen, die Kosten für die Volkswirtschaft steigen und die Wachstumsperspektiven länger mau bleiben.

Die Institute räumen auch mit der Illusion auf, dass massive Investitionen in die Dekarbonisierung das Wachstum ankurbeln würden: Da hier nur in den Ersatz alter durch neue Kapazitäten investiert werde, entstünden insgesamt keine zusätzlichen Kapazitäten oder Güter. Auch das ist eine enttäuschende Botschaft. Immerhin: Arbeitslosigkeit werde auch in Zukunft kein Problem mehr sein, mit dem sich eine Regierung herumschlagen muss.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort