60 Prozent der Arten rückläufig Dramatisches Insektensterben in deutschen Wäldern nachweisbar

Darmstadt · Die Zahl der Insekten nimmt seit Jahren ab. Eine neue Studie hat sich jetzt genauer mit Insekten in Wäldern befasst. Die Ergebnisse sind beunruhigend.

 - Zwei Exemplare der Kahlrückigen Waldameise (Formica polyctena), auch Kleine Rote Waldameise genannt, betasten sich (Archivfoto).

- Zwei Exemplare der Kahlrückigen Waldameise (Formica polyctena), auch Kleine Rote Waldameise genannt, betasten sich (Archivfoto).

Foto: dpa

Insekten leben nicht nur immer seltener auf Feldern oder Ackerböden, auch in deutschen Wäldern ist ihre Zahl inzwischen stark rückläufig. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie unter Leitung der Technischen Universität (TU) Darmstadt, wie das Bildungsinstitut am Dienstag mitteilte. Demnach erlitt die Mehrzahl der untersuchten Insektenarten in den Wäldern zwischen 2008 und 2017 Verluste.

Insgesamt nahmen die Darmstädter Forscher zusammen mit Kollegen der TU in München die Entwicklung von 1805 Insektenarten unter die Lupe. „Über 60 Prozent der untersuchten Insektenarten waren rückläufig“, erklärte Michael Staab, Hauptautor der Studie. Da sich hierdurch die Nahrungsnetze verschieben würden, werde sich das Artensterben „sehr wahrscheinlich“ auf alle Organismen in deutschen Wäldern auswirken, warnte der Biologe von der TU Darmstadt.

Besonders stark ging die Zahl der Insekten den Studienangaben zufolge in Wäldern mit hohem Anteil an Nadelbäumen zurück. Nadelbäume wie Fichten und Kiefern waren in den Untersuchungsgebieten meist angepflanzt und gehörten nicht zum natürlichen Baumbestand. Geringer fielen die Verluste hingegen in heimischen Buchenwäldern aus.

Dabei litten vor allem größere und häufigere Insektenarten unter einem starken Rückgang der Individuenzahlen. Pflanzenfresser haben es besser: Während bei pflanzenfressenden Insekten etwas mehr Arten zunahmen als abnahmen, gingen bei allen anderen Ernährungstypen deutlich mehr Arten zurück.

Zudem lebten Insekten innerhalb geschützter Wälder ohne forstliche Nutzung in vergleichsweise stabileren Populationen. Das Insektensterben in intensiv bewirtschafteten Wäldern fiel dagegen höher aus.

„Unsere Wälder sind durch die Klimakrise gerade dabei, sich drastisch zu verändern“, betonte Nico Blüthgen, Leiter der Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke der TU Darmstadt. Den Forschern zufolge könnte eine gezielte Waldbewirtschaftung, eine Förderung natürlicher Baumarten und eine reduzierte Holzfällung die Fortsetzung des Insektensterbens abschwächen.

Wälder machen in Deutschland rund ein Drittel der Flächen aus. Die Untersuchung war nach eigenen Angaben die bisher umfangreichste Studie zum Insektensterben in mitteleuropäischen Wäldern. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Communications Biology“.

(mzu/AFP)
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