Behörden lehnen Selbstanzeigen ab Steuersünder in der Zwickmühle

Düsseldorf · Weil immer mehr Daten über Schwarzgeldkonten im Ausland auftauchen, boomt die Zahl der Selbstanzeigen. Aber auf reuige Steuersünder kommen jetzt neue Probleme zu: Die Behörden weisen immer mehr Selbstanzeigen ab. Das macht die Lage für die Betroffenen noch heikler.

Fragen und Antworten zu den Schweizer Steuer-CDs
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Foto: dpa, Julian Stratenschulte

Steuersünder mit Schwarzgeldkonten im Ausland, die sich unter dem wachsenden Fahndungsdruck der NRW-Behörden selbst anzeigen, beißen immer häufiger auf Granit. Juristen wie der Düsseldorfer Strafverteidiger Simon-Alexander Zeidler von der Kanzlei Peters oder der Kölner Fachanwalt Rolf Schwedhelm berichten, dass zuletzt bis zu zwei Drittel der Selbstanzeigen abgelehnt wurden. In Fachkreisen heißt es, die Behörden in Wuppertal und in Bochum zeigten sich inzwischen besonders streng, während Selbstanzeiger in Düsseldorf und in Köln angeblich noch auf vergleichsweise milde Beamte träfen.

Offenbar ist die Selbstanzeige für Steuersünder mit unversteuerten Auslandsguthaben zu einem zweischneidigen Schwert geworden. Wird sie akzeptiert, müssen die Selbstanzeiger zwar einen empfindlichen Geldbetrag nachzahlen. Aber sie können eine Vorstrafe und Strafgelder umgehen, die um ein Vielfaches über der ursprünglichen Steuerschuld liegen können.

Allerdings muss die Selbstanzeige vollständig sein. Das bedeutet: Der Steuersünder muss sämtliche noch nicht verjährten Steuervergehen anzeigen. Also auch solche, in denen er gar keine Ermittlungen erwartet. Sonst ist die Selbstanzeige ungültig. Das heißt in der Praxis: Wird eine Selbstanzeige zurückgewiesen, weil die Ermittlungen in Sachen Schweizer Konto schon aufgenommen wurden, nützt dem Steuersünder die Selbstanzeige nur wenig. Aber das Finanzamt nimmt die neuen Informationen zu weiteren Konten in Liechtenstein oder zu illegalen Nebeneinkünften trotzdem dankend entgegen.

In die prekäre Lage einer abgelehnten Selbstanzeige kommen Steuersünder offenbar deshalb immer häufiger, weil sie sich nicht mehr arglos geben können. Die wirksame Selbstanzeige setzt nämlich in jedem Fall zwei Bedingungen voraus: Erstens darf die Tat noch nicht entdeckt worden sein. Und zweitens darf der Steuersünder auch noch nicht ahnen, dass gegen ihn ermittelt wird. "Das haben Behörden angesichts der umfangreichen Presse zum Thema inzwischen auch schon mal bezweifelt", sagt dazu der Bochumer Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek.

Allein NRW hat inzwischen sechs sogenannte Steuer-CDs mit Informationen über Schwarzgeld-Konten im Ausland aufgekauft, und jeder Ankauf löste ein breites Medienecho aus. Außerdem sind viele der Daten so gut, dass der Name des Kontoinhabers und das Auslandsguthaben für die Fahnder auf einen Blick erkennbar sind. Eine einfache Rückfrage beim zuständigen deutschen Finanzamt, ob die Gelder dort bekannt sind, reicht dann schon für den Beginn von Ermittlungen.

Das Problem der abgelehnten Selbstanzeigen spricht sich herum. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) reagierte gestern. Er ließ mitteilen: "Der Datenankauf als solcher und die öffentliche Berichterstattung über mutmaßliche Ankäufe alleine schließen eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht aus." Die Steuerfahndungen in NRW forderte er auf, "mit dem nötigen Augenmaß" zu handeln. Allerdings räumte auch der Minister ein: "Eine Selbstanzeige kann nicht mehr zur Straffreiheit führen, wenn die Straftat bereits entdeckt war und der Täter das wusste oder damit rechnen musste."

(RP/csi/rm)
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